UMWELTMINISTER SIGMAR GABRIEL VERNACHLÄSSIGT DEN UMWELTSCHUTZ
: Minister für Öko-Pop

Sigmar Gabriel schützt den gebeutelten Planeten nur, wenn es niemandem weh tut: Daran gibt es nichts zu deuteln. Der Umweltminister hat sich gestern zwar selbst ausgiebig gelobt, als er mit seinem „Umweltbericht“ Rechenschaft über seine Taten ablegte. Recht hat er damit aber nicht.

Sigmar Gabriel macht Umwelt-Pop. Er gibt sich als Macher und verkauft seine Technologie- und Innovationspolitik als Umweltpolitik. Sein Credo: Die Ökologie lässt sich mit der Wirtschaft versöhnen. Diese Idee propagiert er und tönt, er mache Megawatt arbeitslos. Doch die selbstbewusste Rhetorik täuscht über seine Defizite hinweg.

Klar: Solarzellen gehen gut derzeit, Windräder auch. Und viele Häuser werden wärmegedämmt. Doch die Idee des ökologischen Wachstums ist nicht so neu, wie Gabriel gerne glauben machen möchte. Die Idee stammt von Rot-Grün – was nicht weiter schlimm wäre, würde er nicht immer nur auf das Wirtschaftswachstum schielen. Darin ähnelt Gabriel seinem Vorgänger. Sein Engagement für den Umweltschutz lässt das halbherzig wirken.

Zum Beispiel Lärm: Immer mehr Menschen fühlen sich belästigt, doch dieses Problem packt Gabriel nicht an. Auch an die Gifte in Obst und Gemüse traut er sich nicht. Dabei werden die Belastungen größer, obwohl Spritzmittel effektiver und Ackerflächen weniger werden. Gabriel jedoch nimmt die Belange der Verbraucher und den Schutz der Umwelt weniger ernst als die Interessen der Chemie-, Energie- oder der Autokonzerne. Das liegt daran, dass er politische Ambitionen hegt, die über sein derzeitiges Amt hinausgehen. Bezeichnenderweise holte er sich als Staatsekretär – und Berater – mit Matthias Machnig jemanden ins Ministerium, der zuvor als SPD-Wahlkampfmanager, aber nie als Ökologe aufgefallen ist.

Gabriel setzt nur dort auf Umweltschutz, wo es seiner Profilierung nutzt. Das eröffnet immerhin eine kleine Chance: Inzwischen spürt fast jeder die Erderwärmung, Umweltfragen kommen wieder in Mode. Gut möglich, dass Gabriels Berater ihm deshalb bald empfiehlt, auf echten Umweltschutz zu setzen. HANNA GERSMANN