portrait
: Der letzte der „Acht Unsterblichen“

Er war einer der großen chinesischen Revolutionäre und später einer der greisen Befürworter des Massakers auf dem Tiananmen-Platz. Vorgestern Abend verstarb Bo Yibo, Vertrauter von Mao und Mitbegründer der Volksrepublik China, im Alter von 98 Jahren.

1925 war der damals 17 Jahre junge Bo in die KP Chinas eingetreten, wo er bald wegen seines revolutionären Eifers auffiel. Während des Zweiten Weltkriegs gründete er das „Shanxi Selbstmordkommando für die Befreiung Chinas“, das als eine der mutigsten und effektivsten Einheiten im Kampf gegen Japan galt. Mao und Deng Xiaoping wurden auf Bo aufmerksam, als es ihm gelang, den abtrünnigen Kriegsfürsten Yan Xishan und seine 200.000 Mann starke Truppe in die Rote Armee einzugliedern. Nach dem Zweiten Weltkrieg zahlte sich diese Gunst für Bo aus und er stieg in die inneren Machtzirkel der KP auf.

Als Mitbegründer der Volksrepublik China nahm Bo später viele der höchsten Positionen ein. Er war Mitglied des Politbüros der KP, stellvertretender Premierminister, Vorsitzender der staatlichen Wirtschaftskommission und Vizevorsitzender des Staatsrates. Bo galt er als einer der „Acht Unsterblichen“ – ein Titel für die ranghöchsten kommunistischen Revolutionäre in Anlehnung an den legendären Zirkel von Gottmenschen aus der chinesischen Mythologie.

Maos dritte Ehefrau und mächtigstes Mitglied der berüchtigten Viererbande, Jiang Qing, wurde zunehmend eifersüchtig auf den Karrieristen Bo. Während der Kulturrevolution ließ sie Bo wegen angeblich prodemokratischer Ansichten und der Befürwortung eines freien Handels mit dem Westen verhaften. Während Bo 15 Jahre im Gefängnis saß, wurde seine Frau erschlagen, seine Kinder wurden verhaftet oder zum Umerziehen aufs Land geschickt. Erst nach Maos Tod wurde Bo rehabilitiert.

Von seinen angeblich prodemokratischen Ansichten war im Alter nichts übrig. Bo befürwortete die blutige Niederschlagung der Studentenrevolten im Juni 1989. In später bekannt gewordenen Gesprächsprotokollen wird Bo so zitiert: „Die Intriganten, die hinter dieser Studentenbewegung stehen, haben Unterstützung aus den Vereinigten Staaten und Europa und von den Kuomintang-Reaktionären in Taiwan. Je länger wir zögern, umso schlimmer wird es.“

Eine enge Freundschaft verband Bo mit Expräsident Jiang Zemin – wovon Bos Sohn profitierte. Bo Xilai ist der amtierende Handelsminister Chinas. Um Bo Senior wurde es hingegen stiller – während ausländische Agenturen gestern seinen Tod vermeldeten, war dies den chinesischen Medien keine Zeile wert. BABAK TAVASSOLIE