Zwei Länder im Höhenrausch

Das Saarland und Rheinland-Pfalz päppeln für sehr viel Geld zwei nahe beieinanderliegende Kleinflughäfen

FRANKFURT/MAIN taz ■ Das Urteil der Frankfurter Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG zum Regionalflughafen Saarbrücken (Ensheim) fiel vernichtend aus. Es werde dort kein Geld verdient. Und weil die Landebahn für große Flugzeuge viel zu kurz sei, könne künftig nicht mit einer Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse gerechnet werden. Zum Jahreswechsel kündigte der Großinvestor deshalb an, seinen Anteil am Airport Saarbrücken in Höhe von 51 Prozent an das Saarland zurückzugeben. Das sei der GAU für den saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) und seinen Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi (CDU), konstatierte die SPD-Landtagsfraktion. Die Grünen verlangten gleich den Rücktritt von Georgi.

Entsprechend heftig wurde gestern im Saarländischen Landtag um jeden Meter Rollbahn in Saarbrücken kämpft. Die Landesregierung nämlich will jetzt die Landebahn des Flughafens mit seinen nur noch 421.000 Passagieren im vergangenen Jahr (minus 66.000) verlängern lassen. „Das ist zu spät“, monieren die oppositionellen Sozialdemokraten. Sie glauben zwar auch, dass ein Verlängern der Landebahn die „Wettbewerbsbedingungen des Flughafens verbessern“ hätte können. Doch zum jetzigen Zeitpunkt würden die Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren mit den zu erwartenden Klagen wahrscheinlich noch Jahre dauern. Als „Luftschloss“ bezeichneten die Grünen die Ausbaupläne der Landesregierung, die ohne externen Investor ohnehin kaum zu finanzieren seien.

Das größte Problem der Saarländer ist allerdings nicht die zu kurze Rollbahn in Saarbrücken, sondern dass das Nachbarland Rheinland-Pfalz im nur 40 Kilometer entfernten Zweibrücken ebenfalls viel Geld für einen Regionalflughafen ausgibt. Der ehemalige US-Militärflughafen an der Grenze zu Frankreich, dessen Landebahn im Übrigen 900 Meter länger ist als die in Saarbrücken, beginnt gerade zu boomen. Die Landesregierung in Mainz investierte dort in den letzten Jahren rund 15 Millionen Euro. Und sie butterte als 50-Prozent-Anteilseignerin noch einmal die gleiche Summe zum Verlustausgleich in die Besitzgesellschaft hinein. Aktuell wird die Landesstraße nach Frankreich ausgebaut, um Kundschaft aus dem Elsass und aus Lothringen nach Zweibrücken zu locken.

Das Konzept von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), mit dem schon der Hahn im Hunsrück zum erfolgreichsten Regionalflughafen in Deutschland avancierte, scheint auch in der Westpfalz aufzugehen. Von Zweibrücken aus fliegt etwa Germanwings jetzt noch billiger als Cirrus Airline von Saarbrücken aus nach Berlin. Hapagfly wird ab dem Sommer preiswerte Ferienflüge auf die Balearen, nach Rhodos und in die Türkei anbieten. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Saarbrücken ist elektrisiert. Der eigene Flughafen sei ein wichtiger Standortfaktor für die saarländische Wirtschaft. Von der Landesregierung fordert die IHK deshalb eine „schlüssige Offensivstrategie“. Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Saarländischen Landtag, Klaus Meiser, verlangte von Stadt und Land, den „Kampf mit Zweibrücken“ aufzunehmen.

Doch wo soll das bettelarme Saarland das Geld dafür hernehmen? Nach einer von der Deutschen Bank in Auftrag gegebenen Studie arbeiten ohnehin nur fünf der insgesamt 39 Regionalflughäfen in Deutschland wenigstens kostendeckend. Kooperation ist jetzt das neue Zauberwort. Ende Januar wollen sich die zuständigen Staatssekretäre zusammensetzen. Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) merkte dazu süffisant an, dass er sich auch eine Fusion vorstellen könne. Zweibrücken besitze ja schon eine größere Landebahn.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT