Am Ende eines langen Kampfes

MUSIK Weil er kein Geld hatte, ging Leonard Cohen 2008 noch einmal auf große Welttournee – und hatte viel Spaß dabei. Jetzt tritt Denis Fischer in seine Spuren

Eineinhalb Jahre habe er dafür gekämpft, diese Songs übersetzen zu dürfen, erzählt Denis Fischer – aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt

von Andreas Schnell

Dass die Songs von Leonard, allen voran sein „Hallelujah“, so gern von anderen Musikern gesungen werden, ist bekannt. Dass sie in den Aneignungen anderer Leute oft noch gewinnen, ist kein Wunder. Wie sein ebenfalls oft von anderen Musikern gecoverter Kollege Kris Kristofferson ist Cohen kein großer Sänger. Wenn dann ein Jeff Buckley das genannte „Hallelujah“ singt, das mittlerweile angeblich von fast 200 Künstlern und Künstlerinnen in verschiedenen Sprachen aufgeführt wurde, wird gleich ein Welterfolg daraus. Auch „First We Take Manhattan“ wurde, wie andere Cohen-Songs, zuallererst in der Version der Sängerin Jennifer Warnes populär.

Gleichwohl genießt Cohen selbst auch als Interpret Reputation. Und erst recht wieder in den letzten Jahren. Im Jahr 2005 erschien der Film „Leonard Cohen: I’m Your Man“ über Leben und Laufbahn des Künstlers, im folgenden Frühjahr veröffentlichte Cohen „Book Of Longing“, ein Buch mit Gedichten und Zeichnungen, dessen Erstauflage binnen Stunden verkauft war und für das Philip Glass im selben Jahr Musik schrieb.

Zwei Jahre später schließlich machte sich Cohen auf eine lange Tournee, die erste seit 15 Jahren, die während ihres Verlaufs sogar noch verlängert werden musste. Und natürlich – die Verwertungskette kennt kein Erbarmen – gibt es auch einen Live-Mitschnitt davon zu kaufen.

Wer allerdings geunkt hatte, Cohen gehe lediglich auf Tour, um die Schulden in den Griff zu bekommen, die ihm offenbar sein Manager eingebrockt hatte, und habe eigentlich gar keine Lust, wurde eines Besseren belehrt. So gut gelaunt und geradezu jugendlich hätte man Cohen nicht erwartet.

Denis Fischer das profane Kalkül zu unterstellen, an dem neuen Erfolg Cohens partizipieren zu wollen, tut nicht not. Er habe eineinhalb Jahre um die Rechte an den Songs gekämpft, sagt Fischer. Es ist ihm dieses Programm als Herzenssache durchaus abzunehmen, wenn er erzählt, wie er als kleiner Junge die Nadel auf die Platte setzte und mit „Suzanne“ seine Melancholie pflegte. Viel interessanter ist ja ohnehin die Frage, ob er sich übernehmen würde mit dem Vorhaben, Cohens Texte ins Deutsche zu übertragen. Nachdichtungen sind schließlich erstens immer ein Problem, und zweitens haben Cohens Worte einen Humor, der sich zusätzlich gegen eine Übersetzung sperren dürfte.

Bei der ersten von mehreren Vorpremieren im Bremer Moments präsentierte er sein neues Programm, schlicht „Fischer singt Cohen“ benannt, mit ein paar kleinen Holperern (der Bassist war erst ein paar Tage zuvor gefunden), aber mit einer geradezu verblüffend schlackenlosen Darbietung.

Carsten Sauer am Klavier drängt sich außer bei den seltenen Gelegenheiten, wo sich das Trio zu rocken erlaubt, ebenso wenig in den Vordergrund wie Carsten Ernst am Bass, während Fischer sich selbst an einer mechanisch verstärkten Akustikgitarre eher lose begleitete.

Das Wagnis nun, das nicht geringe, erweist sich schon bald als geglückt, auch dort noch, wo das etwas sprödere Deutsch Cohens Lyrik nicht ganz folgen kann. „Famous Blue Raincoat“ erzählt Fischer sensibel für die Stimmung der Geschichte nach. „Take This Waltz“, seinerseits schon eine Nachdichtung nach Garcia Lorca, findet überzeugende Lösungen bei der Übersetzung der prägnanten Bilder der Vorlage.

Auch „Hallelujah“ fehlte übrigens nicht, einschließlich der Zeile: „But you don’t really care about the music, do ya’...“, die Fischer mit vollendet lapidarer stimmlicher Geste intoniert: „Aber du interessierst dich sowieso nicht für Musik, oder?“

Auch stimmlich hat Fischer einen angemessenen Ausdruck gefunden, ruhig, tief, ohne jene Manierismen, die er bei früheren Programmen pflegte. Das delikate Gleichgewicht zwischen Melancholie und einem durchaus auch mal grimmigen Humor, gerät ihm vielleicht ein wenig schwermütiger als Cohen selbst, aber das mag auch Tagesform gewesen sein.

Im zweiten Teil und vor dem Zugabenblock, der noch einmal einige Cohen-Songs auf Englisch bringt, präsentiert Fischer schließlich eigene Songs, deren Sujets und Ton durchaus mit denen Cohens verwandt sind. Zwar halten sie nicht immer das Niveau, das die Übertragungen und die Cohen-Songs, die Fischer in der Originalsprache vorträgt, aber auch hier findet Fischer meist eine Balance zwischen bittersüßen Kompositionen und feinherber Lyrik.

■ Samstag (heute), 20 Uhr, Schwankhalle