SIEGFRIED LENZ, SCHRIFTSTELLER
: Der Anhängliche

■ 84, Schriftsteller, war Mitglied der Gruppe 47, engagierte sich mit Günter Grass für die SPD und Willy Brandts Ostpolitik. Foto: dpa

Siegfried Lenz ist ein loyaler Mann. Hat er sein Herz einmal an einen Menschen oder eine Sache verschenkt, scheinen diese Lieben ein Leben lang zu halten. Da ist beispielweise sein Verleger Thomas Ganske, mit dem ihn seit einem Angelausflug eine jahrzehntelange Freundschaft verbindet. Oder seine Freundschaft zu Günter Grass, die beide der legendären Gruppe 47 angehörten, die sich in ihrer Anfangszeit Ende der 40er Jahre der Erneuerung der deutschen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg angenommen hatte. Gemeinsam mit Grass engagierte Lenz sich für die SPD und Willy Brandt.

Mit Marcel Reich-Ranicki ist Lenz seit ihrem ersten Treffen im Herbst 1957 beim NDR an der Hamburger Rothenbaumchaussee – Lenz als Reporter und Reich-Ranicki als Interviewter – verbunden. Ein gütiger und nachsichtiger Mensch sei er, schreibt Reich-Ranicki über Lenz zu dessen 80. Geburtstag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Güte, Nachsicht und eine treue Seele braucht es auch, um wie Lenz über Jahrzehnte hinweg hinter der SPD zu stehen. Oder – wie der heute 84-Jährige es formuliert – uralte Anhänglichkeit. „Aus uralter Anhänglichkeit“ nämlich wolle er bei der Hamburger Bürgerschaftswahl am 20. Februar die SPD wählen. Eine sozialliberale Koalition wäre ihm noch am liebsten, sagte Lenz, der im ostpreußischen Lyck geboren wurde und 1945 nach Hamburg kam. Hier lernte er bei seiner Zeit als Redakteur für Die Welt seine erste Frau Liselotte kennen, die 2006 nach 57 gemeinsam verbrachten Ehejahren starb. Im vergangenen Juni heiratete Lenz seine langjährige Nachbarin und enge Freundin von Liselotte, Ulla Reimer.

Die uralte Anhänglichkeit ist auch die Erklärung für seinen Wunsch nach Rot-Gelb, denn Willy Brandt ist ja so etwas wie der Vater sozialliberaler Koalitionen. Und das politische Programm von Scholz und Suding böten heute trotz erheblicher Unterschiede ein gewisses Vertrauen, sagte Lenz. Auf die Frage, ob er Christoph Ahlhaus (CDU) oder den SPD-Kandidaten Olaf Scholz lieber als Bürgermeister sähe, sagte er: „Ich kenne beide Herren nicht. Es ist schwer, einen Mann zu wählen, den man nicht kennt.“ ILKA KREUTZTRÄGER