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: Der Bankier, der zu viel weiß

Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Das in Ruandas Hauptstadt am Dienstag eröffnete Verfahren gegen den mächtigen Bankier Alfred Kalisa sagt viel über die Schattenseiten des „neuen Ruanda“ aus, das sich seit dem Völkermord 1994 als Land der Modernisierung neu zu erfinden versucht.

Zehn Jahre lang, von 1995 bis 2005, leitete der Geschäftsmann Kalisa die ruandische „Bank of Commerce, Development and Industry“ (BCDI), größtes Bankhaus des Landes mit dem glitzerndsten Firmensitz Ruandas. Kalisa galt als Freund und Berater des ruandischen Präsidenten Paul Kagame. Die Bank wickelte nicht nur den Großteil von Ruandas Exportgeschäften ab, sondern auch die finanzielle Seite der ruandischen Interventionspolitik in der Region. Über die 1996 gegründete kongolesische Filiale BCD lief die Finanzierung der Rebellen Laurent Kabilas gegen die Mobutu-Diktatur; als Ruanda ab 1998 neue Rebellen im Ostkongo gegen Kabila unterstützte, war die BCDI auch für diese eine Art Hausbank. Doch am 6. Mai 2005 ließ Ruandas Zentralbank Kalisa als BCDI-Direktor absetzen. Er habe, hieß es zur Begründung, als Bankchef viele „Insiderkredite“ ohne ausreichende Sicherheiten an die BCDI-Aktionäre vergeben und viel zu viele davon waren bei der Rückzahlung im Verzug. Beim Bau der BCDI-Zentrale soll Kalisa durch überteuerte Aufträge an ihm gehörende Unternehmen Millionen unterschlagen haben. Und zwei Drittel der „Insider Loans“ soll Kalisa sich selbst, seiner Familie oder seinen eigenen Firmen gegeben haben – insgesamt 2,3 Milliarden ruandische Franc (knapp fünf Millionen Euro).

Kalisa setzte sich mit Familie nach Südafrika ab und sprach von neuen Wirtschaftsprojekten im Kongo. Als Kalisa Anfang Januar von dort in Ruanda ankam, wurde er festgenommen und umgehend vor Gericht gestellt. Ruanda ist bestrebt, als afrikanisches Modell der guten Regierungsführung zu gelten, und geht daher selbst in der Elite immer wieder hart gegen Korruption vor. Niemand soll sich sicher fühlen, bloß weil er ein Freund des Präsidenten ist.

Bei Kalisa gibt es dabei allerdings Probleme. Zum einen hält er immer noch 31,9 Prozent der BCDI-Anteile – der geschasste Direktor ist bis heute der größte Aktionär der von ihm gerupften Bank. Viele Geschäftsleute Ruandas sind ihm wegen günstiger Kredite verpflichtet, und er hat diese sicherlich nicht im Alleingang vergeben. Das größere Problem aber ist politisch: Kalisa weiß vieles über Ruandas Geschäfte im Kongo während der Kriege. Sollte er zur Verteidigung darüber auspacken, könnte aus einem Wirtschaftsprozess plötzlich die Aufarbeitung des Kongokrieges werden. DOMINIC JOHNSON