Die Basis entfernt sich von Evo Morales

In der politisch umkämpften Provinz Cochabamba in Bolivien haben Gewerkschafter und Kokabauern eine Gegenregierung gebildet und den Gouverneur für abgesetzt erklärt. Präsident Evo Morales lehnt dieses Vorgehen als verfassungswidrig ab

Mit der Bildung der Parallelregierung ist die Protestbewegung gespalten

VON JÜRGEN VOGT

„Ein Anruf aus dem Regierungssitz [in La Paz], und sie sind geflüchtet wie die Ratten“, kommentierte Tiburcio Herrada den Abzug der Anhänger von Boliviens Präsident Evo Morales aus der bolivianischen Provinz Cochabamba. Dort hatte eine „Vollversammlung“ mit rund 30.000 Menschen am Dienstag in der bolivianischen Provinz Cochabamba ein „Revolutionäres Provinzkomitee“ mit Herrada als „Volksgouverneur“ gewählt und den amtierenden Gouverneur Manfred Reyes Villa – einen erklärten Gegner von Morales – für abgesetzt erklärt.

Mit der Bildung der Parallelregierung hat sich die Bewegung aus Kokabauern, Campesinos und Gewerkschaftern gespalten. „Verfassungswidrig“ nannten die Morales-Anhänger den Vorgang. Die Ablehnung des Provinzkomitees durch die Regierung kam prompt: „Wir erkennen keinen anderen Gouverneur als Manfredo Reyes Villa an“, sagte Präsidentensprecher Alex Contreras.

Morales selbst war am Mittwoch nach Cochabamba geeilt und hatte sich hinter verschlossenen mit den Führern der Kokabauern und Campesinos getroffen. Hier hat er sicher noch einmal seinen Vorschlag erläutert, wie der Konflikt gelöst werden soll: Ein Referendum über den Gouverneur soll Klarheit bringen, ein entsprechendes Gesetz über Referenden zur Absetzung von politischen Amtsträgern soll ins Parlament eingebracht werden. Alle Bürgermeister, Gouverneure und der Präsident sollen sich demnach bei Bedarf Volksabstimmungen über ihren Verbleib im Amt stellen müssen.

Doch davon ist Morales inzwischen abgerückt. Jetzt spricht er von einer Sonderregelung für jene Mandatsträger, die mit über 50 Prozent der Stimmen gewählt wurden. An der Sonderregelung könnte das Referendumsgesetz scheitern.

Die Opposition hatte den Vorschlag von Morales schnell aufgegriffen, macht ihre Zustimmung im Parlament jedoch davon abhängig, dass auch der Präsident dem Gesetz unterliegen soll. Bedeutet der Zusatz aber, dass sich kein mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählter Amtsträger einem Votum stellen muss, bringt sich Morales aus der Schusslinie. Er hatte seine Präsidentenwahl mit 54 Prozent gewonnen.