Wie korrekt sind Sie?

von Jörn Kabisch

Korrekt konsumieren will gelernt sein. Jeder hat andere Maßstäbe. Der eine achtet vor allem auf seine Gesundheit, die andere auf Arbeitsbedingungen in Drittweltländern, der Dritte hat den ganzen Kapitalismus im Visier. Wie ist das bei Ihnen? Beantworten Sie die Fragen, dann erfahren Sie, wie es noch korrekter geht.

Welche der folgenden Slogans passt zu Ihrem Konsumverhalten am besten:

– Das Beste ist gerade gut genug (2)

– Ich kauf mich glücklich (3)

– Weniger ist mehr (0)

– Qualität hat eben ihren Preis (4)

Lesen Sie das Kleingedruckte auf der Verpackung?

– Nie (2)

– Manchmal die Mengenangaben. Es soll ja jetzt weniger in der gleichen Packung sein, um die Mehrwertsteuer auszugleichen. (3)

– Immer. Das Verfallsdatum! (0)

– Bei neuen Produkten bin ich immer neugierig. (4)

Welche dieser vier Marken sind für Sie negativ besetzt?

– Tchibo (4)

– Pepsi (0)

– Adidas (2)

– H&M (3)

Wussten Sie,

– dass Adidas 2006 wegen seiner Ausbildungspraxis heftig in die Kritik geriet. Unter allen Mitarbeitern des Konzern sind nur 2 Prozent Auszubildende, sagt der DGB. Eine im Vergleich mit anderen DAX-Unternehmen katastrophale Ausbildungsquote; (4)

– dass Pepsi seit langem die Republikaner, also die Partei von George W. Bush, unterstützt, Coca-Cola dagegen die Demokraten; (0)

– dass Tchibo heute der achtgrößte Textileinzelhändler Deutschlands ist und seit Jahren von der „Kampagne für saubere Kleidung“ dafür angeprangert wird, Textilarbeiterinnen in Bangladesch auszubeuten; (2)

– dass H&M sich seit 2006 Kontrollen der Fair Labor Association unterzieht, die unangekündigt kontrolliert, ob humane Arbeitsbedingungen bei Herstellern und Zulieferbetrieben existieren und das Verbot der Kinderarbeit eingehalten wird. (3)

(Keine Angst: Wenn das alles für Sie neu ist, kriegen Sie auch 3 Punkte)

Sie schimpfen zwar auf die unsozialen Bedingungen bei Lidl und finden, was so billig ist, kann nicht gut sein. Aber eingekauft haben Sie dort schon.

– Definitiv: nein (0)

– Nur sehr selektiv: Also, die haben da gerade einen Honig im Angebot, der hat bei Ökotest „sehr gut“ abgeschnitten. Und das Olivenöl von Lidl hatte doch auch immer gute Testergebnisse. (4)

– Nur weil ihr die taz seid, meint ihr, mir vorschreiben zu können, wo ich kaufen soll. Also mal ehrlich: Ich kann mir es doch gar nicht anders leisten, als bei Lidl oder Aldi zu kaufen. (3)

– Mir ist von Aldi mal ein Wein empfohlen worden, ich glaube, ein sehr guter Roter aus Chile. Aber nein, ich bin noch nicht in diese Verlegenheit geraten. (2)

An welche der folgenden Werbekampagnen können Sie sich noch am besten erinnern?

– „United colours of Benetton“ mit diesen grauenerregenden Bildern (4)

– „Jede Haut ist schön“. Die Dove-Werbung, die gegen den Schlankheitswahn angeht (3)

– „Gib Aids keine Chance“ (0)

– „Think different!“, die Kampagne, mit der Apple den iMac auf die Erfolgsspur setzte (2)

Neben Ihrem Supermarkt hat vor einigen Wochen ein Geschäft aufgemacht, das sich „Landmetzgerei“ nennt. Haben Sie dort schon eingekauft?

– Ich bin Vegetarier. (0)

– Eigentlich nicht. Mein Supermarkt hat inzwischen Biofleisch im Angebot. (3)

– Ich kaufe mein Fleisch doch nicht bei irgend so einem Wald-und-Wiesen-Metzger. Auf dem Wochenmarkt gibt es Neulandfleisch, inzwischen auch Bio-Angus-Rind aus der Schweiz. Das kriegt man nicht oft. (2)

– Ach, beim Herrn Mittermüller. Aber natürlich. Wir haben uns schon gut kennen gelernt. Er bezieht das meiste Fleisch von seinem Neffen. Ein kleiner Hof. Die zwei halten zwar nichts von Biosiegeln oder so was, aber den Tieren soll es dort prächtig gehen. (4)

Die Auflösung

0–7 Punkte: Bravo! Sie kaufen am liebsten gar nicht und widerstehen damit der kapitalistischen Logik am besten. Konsum ist eben nicht Ihr Ding. Weniger ist eben tatsächlich oft mehr. Sie müssen nur vorsichtig sein, dass Sie den Bogen nicht überspannen. Denn nachhaltige Waren, erneuerbare Energien und sozial vorbildliche Unternehmen sollte Ihr Geld unbedingt fördern. Reine Konsumverweigerung ist keine Lösung. Seien Sie nicht zu hart zu sich selbst! Konsum ist wichtig, der Nichtkonsum darf nicht zum Lebenszweck werden. Machen Sie sich frei von den Zwängen des Konsums und des Nichtkonsums – werden Sie Asket und lernen Sie zu unterscheiden zwischen gut und schlecht. 8–14 Punkte: Bravo! Sie sind der Konsument, auf den das Land wartet! Die höhere Mehrwertsteuer kann Ihnen nichts anhaben, Sie fördern kräftig die Binnennachfrage, die Ökonomen sind mit Ihnen zufrieden. Und wenn für Sie Öko und Bio zum Sozialprestige gehören, dann werden Sie auch von den Ökologen gelobt. Sie sind froh, dass gute und faire Waren endlich aus der Müsli- und Gutmensch-Ecke heraus sind. Korrekter Konsum ist Trend, und im Trend zu liegen ist Ihnen wichtig. Nur: Was machen Sie, wenn die nächste Konsumsau durchs Dorf gejagt wird und korrekter Konsum nicht mehr angesagt ist. Bis dahin sind Sie hoffentlich zum korrekten Konsumenten aus Überzeugung mutiert. 15–21 Punkte: Bravo, Sie achten aufs Etikett! Wenn Sie mit viel Mühe ein paar Marken als o.k. definiert haben, dann halten Sie denen die Treue – egal ob der Biojoghurt quer durch ganz Europa gefahren wurde. Aber Achtung: Die Welt ändert sich dauernd. Was gestern noch o.k. war, kann morgen schon wieder falsch sein. Vielleicht sind die Tomaten aus dem Süden doch besser als die aus dem Treibhaus um die Ecke – weil die Treibhäuser mehr Energie einsetzen. Es ist hart, aber als mündiger Konsument müssen Sie auf dem Laufenden bleiben. Ihrem Computer gönnen Sie doch auch regelmäßig ein Update. 22–28 Punkte: Bravo, endlich mal ein Vorbild! Ihnen macht keiner was vor, Sie können selbst den Leuten von „Stiftung Warentest“ noch Tipps geben. Entwicklungsgeschichtlich sind Sie zu der Zeit vor der Arbeitsteilung zurückgekehrt – denn unbesehen einfach ein T-Shirt zu kaufen, kommt ja nicht in die Tüte. Das erfordert einen ziemlichen Aufwand, aber Ihnen ist das die Sache wert. Aber Achtung: Wenn Sie Ihren Kindern konsequent den Besuch bei McDonald’s verbieten, könnte sich das schon in der nächsten Generation als nicht nachhaltig erweisen. Denn was könnte Ihren Nachwuchs mehr reizen als das, was Mama und Papa verbieten?