„Künstlerisches Spielfeld“

STADTTEILKULTUR Mitmach-Orchester an der Holzwand vorm einstigen Rialto-Kino in Wilhelmsburg

■ 56, Künstler, wirkte drei Jahre lang am Wilhelmsburger „Perspektiven“-Programm mit, das auf Bürgerbeteiligung abzielte.

taz: Herr Schwarz, was war Anlass für Ihr Kunstprojekt „Ein Anklang für Schwankende Fische“, das heute endet?

Andreas Schwarz: Das Projekt ist Teil der sechsmonatigen Veranstaltungsreihe „Rialto Rialto“ und bezieht sich auf das gleichnamige Wilhelmsburger Kino.

Das aber inzwischen geschlossen wurde.

Genau. Es ist durch eine große Holzwand verkleidet, die eine Künstlergruppe ein halbes Jahr lang bespielen darf. Und meine Idee war, diese Wand zu einem Instrument umzubauen.

Geht das so leicht?

Es bietet sich sogar an. Denn der einstige Eingang – gleichfalls mit Holz verkleidet – ist etwas geräumiger und kann als Schallraum genutzt werden. Ich habe dort ein Loch hineingesägt und drei Meter lange Klaviersaiten darüber gespannt. Wie bei einem Kontrabass habe ich die Saiten dann über einen Steg geführt und an der Wand befestigt.

Wie bespielt man sie?

Mit einem Kontrabass-Bogen oder Vibraphon-Klöppeln. Bei der heutigen Finissage wird das Ganze – wie bei der Vernissage – durch Tonabnehmer verstärkt.

Gibt es heute also ein Konzert?

Nein, eher ein Mitmach-Orchester für alle, die musizieren mögen – sei es auf Instrumenten, sei es auf mitgebrachten Haushaltsgegenständen.

Und der Titel „Anklang für Schwankende Fische“? Fische schwanken doch gar nicht.

Eben, denn sie haben eine Schwimmblase. Die Bewohner von Wilhelmsburg, Hamburg, Städten überhaupt, die sich mit Stadtentwicklung und den zugehörigen Veränderungen auseinandersetzen und sich darin verorten, schwanken aber sehr wohl. Zwischen Zögern, Anpassung und Widerstand etwa.

Was hat das alles mit dem Rialto-Kino zu tun?

Die Aktion ist eine weitere Wegmarke in der Geschichte des Gebäudes. Das Rialto wurde 1986 geschlossen und stand 20 Jahre lang still. 2013 öffnete der neue Besitzer es nochmals – für ein halbes Jahr. Dann kam die jetzige Wandverkleidung. Sie schloss das Ganze ab, eröffnete aber auch ein neues künstlerisches Spielfeld. Und das nutzen wir.

Ist das Rialto für die Wilhelmsburger zum Mythos geworden?

Mythos wäre zu stark. Aber es war ein gutes Programmkino. Außerdem das letzte seiner Art in Wilhelmsburg. Jetzt gibt es gar keins mehr. INTERVIEW: PS

Musikalische Mitmach-Finissage mit Haushaltsgeräten und Instrumenten: 19 Uhr, Vogelhüttendeich 30 (Ex-Rialto)