Gut Wetter gegen Hass
EXTREMISMUS-TAGUNG
Ein wenig überraschend kam es ja schon: „Antisemitismus im extremistischen Spektrum“ war das Symposium betitelt, zu dem der niedersächsische Verfassungsschutz am Mittwoch nach Hannover lud. Im verschickten Faltblatt fanden sich Hannah Arendt und Theodor W. Adorno – und die untadelige Ausgangsthese, dass knapp 70 Jahre nach dem deutschen Massenmord an den europäischen Juden noch immer „antisemitische Einstellungen in der Gesellschaft weit verbreitet“ sind.
So weit, so ehrenvoll – zumal man sogar solche Mitarbeiter aufs Podium setzte, die sich mit der Materie auch tatsächlich auskennen: Da sprach dann etwa der Referatsleiter Rechtsextremismus über – Rechtsextremismus; weiterhin Verfassungsschutzchefin Maren Brandenburger oder Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD), aber etwa auch der taz-Autor Micha Brumlik.
Statt um breite Gesellschaftskreise – deren Tauglichkeit zum antisemitischen Gedröhn sich angesichts des jüngsten Gaza-Konflikts wieder besonders deutlich zeigt – ging es dem Symposium eher um die Ränder: Dort finden sich ja angeblich all die Extremisten: rechts die einen, links die anderen – und beide schlimm. Nicht ohne Weiteres in das Schema fügt sich eine dritte Gruppe ein: islamistische Judenfeinde.
Nach wie vor seien einschlägige Delikte in Niedersachsen meist rechtsextremistisch motiviert, erfuhren rund 180 Gäste aus Politik, Verwaltung, Kirchen, Medien und Zivilgesellschaft, und dass sich die antisemitischen Argumente auch schon mal verschleierten. Solide Wissensvermittlung also, zu einem Zeitpunkt, der allenfalls vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten so etwas wie zwingend war.
Ein Schelm, wer da auf die Idee kommt, es könnte den niedersächsischen Geheimdienstlern bei der Planung um etwas ganz anderes gegangen sein: gut Wetter machen beispielsweise. Schließlich hatte man sich ja reichlich schlechte Presse eingehandelt mit dem Beobachten diverser Journalisten zum Beispiel – Journalisten, die sich noch in den braunsten Sumpf hinauswagen. ALDI
