Der beste Torhüter der Welt

Ulrich Bubolz ist Weltmeister. Mit der Nationalmannschaft gewann der Torwart die Hockey-WM. Nun kämpft er mit dem Berliner HC gegen den Abstieg. Schreibt seine Diplomarbeit. Und träumt vom nächsten Highlight: Olympia 2008

Eigentlich ist er leicht zu erkennen. Auf Brusthöhe seiner Winterjacke ist unter einem Vereinsemblem sein Name eingestickt: Ulrich Bubolz. In der Mensa der Technischen Universität fällt Bubolz jedoch nicht auf. Mit seinem Namen weiß die Mehrzahl der Studenten nichts anzufangen. Dabei ist Bubolz Weltmeister, Hockeyweltmeister. Und bester Torwart der Welt. Aber Hockeysport interessiert auch in der TU-Mensa nur die wenigsten.

Die Jacke hat Bubolz von einem Pariser Club geschenkt bekommen. Er spielte dort ein halbes Jahr. Sportlich gesehen eine unbedeutende Station seiner Laufbahn. Das Wichtigste in seiner Karriere ereignete sich am 17. September 2006. Bubolz wurde mit dem Nationalteam im eigenen Land Weltmeister. Im Finale besiegten sie Australien mit 4:3. Die Turnierleitung kürte ihn zum besten Torwart der WM. „Ein traumhaftes Erlebnis“, schwärmt Bubolz.

Es liegt erst vier Monate zurück. Für den 25-Jährigen genügte dieser Zeitraum, um kurzerhand seine Diplomarbeit im Fachbereich Wirtschaftsingenieurwesen zu schreiben. Ende dieser Woche wird er sie abgeben. Für sein Studium hat Bubolz nur ein Semester mehr benötigt als seine Kommilitonen, obwohl er unterdessen wie ein Profi Hockey trainierte: Acht Übungseinheiten pro Woche, dazu Liga- und Länderspiele.

Sein Verein, der Berliner HC, veranschlagt wöchentlich nur zwei Trainingstermine. Bubolz muss sich folglich größtenteils wie ein Individualsportler selbst disziplinieren. Das hat er sogar noch in den letzten Wochen seiner Diplomarbeit getan. Der Torhüter verringerte nur sein Zusatzprogramm.

Sein Wunsch, Hockey professionell zu spielen, habe ihn gelehrt, seine Zeit möglichst effektiv zu nutzen, erklärt er. Von seinem Sport kann Bubolz nicht leben, aber er sucht nach jeder Möglichkeit, für ihn leben zu können. Als nächstes Ziel hat er derzeit schon die Olympischen Spiele 2008 in Peking vor Augen. „Der Wille, der für so ein Turnier notwendig ist, baut sich im Trainingsalltag auf“, erklärt Bubolz. Wenn es dann ernst würde, wolle man der vielen und harten Vorbereitungszeit einen Sinn verleihen.

Bei der WM letzten September in Mönchengladbach wäre das beinahe schief gegangen. Lange sah es so aus, als ob Bubolz gar nicht mitmachen könnte. Beim letzten Bundesligaspieltag im Juni erlitt er neun Minuten vor Schluss eine schwere Schulterverletzung. Erst 14 Tage vor Turnierbeginn war er wieder einsatzfähig. Die Fachleute gingen davon aus, dass sein ebenbürtiger Konkurrent Christian Schulte während des Turniers das Tor hüten würde. Doch Bubolz brachte sich mit enormem Fleiß wieder in Form. Er konnte Bundestrainer Bernhard Peters in den letzten Tagen vor der WM von seiner Klasse überzeugen. Er durfte spielen.

„Er ist ein besonnener und in sich ruhender Mensch, eine klasse Persönlichkeit“, sagte Peters nach der WM. Und sehr einprägsam beschrieb ihn einmal Dieter Schuermann, ehemaliger Teammanager des Nationalteams: „Er ist die pure Sachlichkeit, die konsequente Zielstrebigkeit, die aufgeschlossene Gelassenheit.“

Bubolz schmunzelt darüber. Kommentieren möchte er es nicht. Er überlasse es anderen, ihn zu beurteilen. Aber dann sagt er doch: „Schuermann ist Berliner, der kennt mich ganz gut“.

Beim Berliner HC nimmt Bubolz eine Sonderstellung ein. Er ist der einzige Nationalspieler. „Ich bin vielleicht nach außen hin der Star der Mannschaft. Dagegen kann man sich nicht wehren. Das muss man akzeptieren“, sagt Bubolz. Innerhalb des Teams versuche er aber, sich nicht als ein solcher aufzuführen. Er sei im selben Maße auf seine Mitspieler angewiesen wie vor der WM. Der Berliner HC kämpft in der Feldhockeysaison gegen den Abstieg.

Jenseits der Hockeywelt findet Bubolz Leistung wenig Anerkennung. Weltmeister, bester Torhüter des Turniers. Mehr geht eigentlich nicht. Bei Berlins Wahl zum Sportler des Jahres 2006 reichte das jedoch nur für Platz sechs. In Kürze wird der beste deutsche Hockeyspieler gekürt werden. Hier ist dem Torwart ein besseres Ergebnis garantiert. In einer Vorauswahl kam er unter die ersten fünf. Dieser Titel habe Aussagekraft, sagt Bubolz und beschwichtigt zugleich: „Ich sehe das aber ganz entspannt.“

Johannes Kopp