Wie geht es uns, Herr Küpperbusch?

Im Fall Hartz führt der Gedanke des Täter-Opfer-Ausgleichs zum VW-Kunden, der mit dem Neuwagen allerhand Herrenzimmerspaß mitbezahlen musste. Die Idee eines kleinen Hartz V für geprellte Golffahrer charmiert

Die Kandidatur des evangelische Franken Beckstein für das Amt des Ministerpräsidenten ist ein Zeichen für akuten Hirschmangel auf der Alpenlichtung

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die Leute wollen nicht einsehen, dass „Kyrill“ die Antwort auf die ganzen knallalbernen Baumarkt-Laubpüsteriche ist.

Was wird besser in dieser?

Antilopenplage, wegen der ganzen Antilopenfänger vorn an den Innenstadtallrads.

Warum tun sich Politiker, wie der Fall Stoiber abermals gezeigt hat, so schwer damit, rechtzeitig zurückzutreten?

Weil es keinen Grund gibt. Der kann doch nur heißen: „Ich habe mein Programm, mein Ziel erreicht“ oder „Ich kann es nicht mehr erreichen“. Wenn aber da, wo idealtypisch ein Anliegen, ein Ideal stehen sollte, nur ein großes dickes „ich“ steht, gibt’s halt kein Ende und keine sachlichen Kriterien dafür. Stoiber konnte dieser Tage „fünf Jahre Frühstück in Wolfrathshausen“ begehen, also fünf Jahre Personal- statt Sachpolitik.

Fehlt Stoiber eigentlich irgendjemand?

Frau Merkel, wenngleich die Nachfolgeregelung Huber/Beckstein weiter allerhand Kompetenzgerangel und Selbstblockade verspricht.

Ist die CSU unaufhaltsam auf dem Weg zur Regionalpartei?

Das wäre ja eine Selbstfindung! Dem sollte man nie im Wege stehen. Aber leider: Nein, solange es der bayerischen Opposition nicht gelingt, die CSU mit bayerischen Themen zu stellen.

Wahrscheinlich wird der evangelische Franke Beckstein neuer Ministerpräsident in Bayern, das seit Jahrzehnten stets von Katholiken regiert wird. Ist das ein Zeichen für die Liberalisierung des Landes?

Es ist ein Zeichen für akuten Hirschmangel auf der Alpenlichtung. Wer es, wie Huber und Beckstein, Jahrzehnte im intriganten Gewebe eines charismafreien Chefs ausgehalten hat, trägt dies traurige Heim mit sich rum. Kein Wunder, dass vor Seehofer auch Waigel den dunklen Ort gen Bundesregierung floh.

Wäre es klug für die CSU, wenn Seehofer, den manche für einen SPDler halten, Parteichef werden würde?

Puh … auch diese Heiligsprechung von St. Pauli wirkt doch reichlich naiv. Es ist noch keine Menschenrechtstat, im großen CSU-internen Mobbing auf der richtigen Seite zu stehen; kein Jota des CSU-Programms wurde bei all dem je in Frage gestellt. Seehofer äugt auf den Parteivorsitz, weil der die beste Ausgangslage birgt, die morsche Becksteinhuberei bei nächster Gelegenheit wegzuaxten.

Die SPD in NRW hat eine neue Chefin, Hannelore Kraft. Wird sie es schaffen, die Genosse in NRW aus ihrer Depression zu reißen? Und wie könnte das gehen?

Langsam.

Heute prüfen drei Richter, ob die Ex-RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt, die seit 1982 im Knast sitzt, demnächst frei kommt. Soll Sie? Sollen auch die anderen RAF-Gefangenen, Christian Klar und Brigitte Hogefeld begnadigt werden?

1966 wurden – mit Ausnahme Rudolf Hess – die letzten in Nürnberg verurteilten „Haupt-Kriegsverbrecher“ aus der Haft entlassen. Wagner und Heißler (1979), Mohnhaupt und Klar (1982) und nun Haule (1986) sitzen länger. Die Verbrechen muss man nicht vergleichen, zumal ich den Nazitaten ihre Unvergleichlichkeit nicht bestreite. Bizarrerweise stehen die RAF-Morde gegen die „faschistoide BRD“ auch noch in einem psychotischen Nachfolgeverhältnis zur Nazizeit. Und es berührt traurig, dass etwa die Witwe des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer fordert, keine Gnade walten zu lassen, nachdem sie – nachvollziehbar: schmerzlich – keine Reue erkennen kann. Viele flugs begnadigte Nazis zogen bald wieder, Krieg und Hitler verharmlosend und verherrlichend, übers Land. Also helfen alle hilfesuchenden Vergleiche nicht weiter. Die Gerichte und Horst Köhler werden Auskunft geben müssen über ihren Begriff von Menschlichkeit, und was sie kosten darf.

Am Donnerstag fällt das Urteil im VW-Korruptionsprozess gegen Peter Hartz. Wahrscheinlich Bewährung plus Geldstrafe. Ist das zu mild?

Mal ab vom Straftatbestand der Begünstigung der Prostitution führt der humanistische Gedanke des Täter-Opfer-Ausgleichs ja zum VW-Kunden, der mit dem Neuwagen allerhand Herrenzimmerspaß mitbezahlen musste. Das ist juristisch nicht heilbar, auch wenn die Idee, geprellte Golffahrer bekämen ein kleines Hartz V, charmiert.

Und was macht Borussia Dortmund?

Trainer Jürgen Röber sagte nach den ersten Testspielen: „Das Mittelfeld hat mich überzeugt.“ Nun hoffen viele, dass er das von Borussia Dortmund meint.

FRAGEN: SR