„Die Kommunen müssen eingreifen“

WOHNUNGSPOLITIK Der Unternehmensberater Jan Kuhnert beschäftigt sich mit dem Versagen des Wohnungsmarktes. Heute spricht er auf einer Konferenz zur „sozialen Spaltung“

■ 59, ist Geschäftsführer der KUB Kommunal- und Unternehmensberatung Hannover, wo er er zuvor die städtische Wohnungsgesellschaft leitete.

taz: Herr Kuhnert, ist die Entwicklung auf dem Hamburger Wohnungsmarkt drastischer als anderswo?

Jan Kuhnert: Segregation ist in allen Städten spürbar. Kiel hat sein Wohnungsunternehmen verkauft, mit dem Ergebnis, dass dort Wohnungen in den besseren Lagen an Besserverdienende vermietet werden und nur noch dort investiert wird, wo der Markt die meisten Profite abwirft. In Hannover hat sich das klassisch bürgerliche Viertel stabilisiert, während es in Sozialwohnungsquartieren eine zunehmende Polarisierung gibt.

Kann Aufwertung auch gut sein?

In Wilhelmshaven arbeite ich mit der Stadt daran, in einem Gründerzeitgebiet mit erheblichem Leerstand einen Aufwertungsprozess voranzubringen. Aber auch hier geht es darum, die gewachsenen Strukturen nach Möglichkeit zu erhalten.

Wie sollte eine soziale Wohnungspolitik heute aussehen?

Die städtischen Wohnungsunternehmen sollten preiswerte Häuser und Grundstücke für Neubau und Sozialbau kaufen und versuchen, die Entmischung auch in attraktiven Stadtteilen zu bremsen. Dafür braucht man Instrumente für die kommunale Intervention.

Was erwartet uns, wenn die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt so weitergeht?

Da wo viele ehemalig geförderte Wohnungsbestände an internationale Investoren verkauft worden sind, werden Wohnungen oft überhaupt nicht instand gehalten. In Bremen-Tenever etwa gibt es immer mehr Beschwerden über Vernachlässigung. Wenn es in diesen Vierteln zum Konkurs der Investoren kommt, betrifft das vor allem Menschen mit wenig Einkommen.

Was bedeutet das für die Städte?

Die Gentrifizierung führt dazu, dass reiche Leute in die interessanten Lagen ziehen und sich die anderen Stadtteile zunehmend entmischen. Die Sozialstruktur wird immer einseitiger.

INTERVIEW: LENA KAISER

„Hamburg – Stadt für alle“, Konferenz zur sozialen Spaltung: heute, 8.30 bis 17 Uhr, Hamburg, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Berliner Tor