DEUTSCHER VERTEIDIGUNGSMINISTER MUSS TRUPPEN IN BOSNIEN LASSEN
: Jung begeistert serbische Nationalisten

Natürlich lechzt Verteidigungsminister Jung nach positiven Schlagzeilen. Nach all den Skandalen in Afghanistan, den Zusammenstößen mit Israel im Libanon und der keineswegs beruhigten Lage im Kongo soll die Bundeswehr möglichst schnell aus Bosnien und Herzegowina zurückkommen. Also hat Jung Beratungen angekündigt, wie der Truppenabzug stufenweise zu organisieren sei. Doch das ist ein völlig falsches Signal für den Balkan.

Die internationale Gemeinschaft hat es trotz des aufwändigen zivilen und militärischen Engagements zehn Jahre lang nicht geschafft, Bosnien und Herzegowina wirklich zu vereinen. Noch immer ist das Land in zwei Gebilde zerrissen – in eine serbische Teilrepublik und eine bosnisch-kroatische Förderation. Gerade Deutschland hat auf dem Balkan große Verantwortung übernommen; es stellt die größten Truppenkontingente und die politische Führung der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und im Kosovo.

Allerdings ist Jung nicht der Einzige, der falsche Signale zum falschen Zeitpunkt aussendet. Schon zu Jahresbeginn hat der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Christian Schwarz-Schilling, angekündigt, das Büro der zivilen internationalen Verwaltung bis zum Juni 2007 aufzulösen. Dies hat vor allem die Serben dazu verführt, die politischen Ziele der Kriegsverbrecher wie Radovan Karadžić und Ratko Mladić wieder zu verfolgen, die durch ethnische Säuberungen eine serbische Teilrepublik in Bosnien überhaupt erst geschaffen haben. Langfristiges Ziel war schon immer, dieses Gebiet mit Serbien zu vereinigen. Kein Wunder, dass gerade die serbischen Nationalisten Jungs und Schwarz-Schillings Pläne begrüßen.

Der deutsche Verteidigungsminister scheint von seinem Posten überfordert zu sein. Man muss den Job beenden, bevor man abzieht. Anstatt seine Truppen zu verlagern, sollte Jung seine Anstrengungen darauf konzentrieren, eine internationale Konferenz einzuberufen, die die ethnische Teilung Bosniens überwindet. Jung agiert nicht nur leichtfertig, er richtet großen außenpolitischen Schaden an. ERICH RATHFELDER