Naturausgleich mit Sparbuch

ÖKOLOGIE Die Umweltbehörde will ein „Ökokonto“ einführen. Dabei sollen Landwirte Flächen bereithalten, mit denen später Naturzerstörungen ausgeglichen werden können

Das Gesetz sieht vor, dass Schäden an der Natur wiedergutgemacht werden. An oberster Stelle steht jedoch die Regel, dass Zerstörungen vermieden werden sollen.

■ Eingriff in Natur und Landschaft: Jemand baut etwas und verändert damit die Umwelt.

■ Ausgleich: Damit soll der Schaden repariert werden – möglichst gleich und an Ort und Stelle. Stattdessen kann auch anderswo Ersatz geschaffen werden.

■ Ökokonto: Hier werden vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen verbucht, die von Investoren gekauft werden können.

VON GERNOT KNÖDLER

Wer einen Wohnblock baut oder eine Feuchtwiese in einen Acker verwandelt, zerstört Natur. Laut Gesetz muss das zeit- und ortsnah wiedergutgemacht werden – ein Problem, vor allem in einem Stadtstaat wie Hamburg. Um Zerstörungen schneller auszugleichen, will der Senat ein Ökokonto einrichten: Darin werden Flächen erfasst, die bereits ökologisch aufgewertet wurden und zur Kompensation bereit stehen.

Eine Verordnung, die das regeln soll, hat der Senat am Dienstag auf den Weg gebracht. Sie fußt letztlich auf dem Bundesnaturschutzgesetz und existiert in ähnlicher Form bereits in Schleswig-Holstein. Jetzt soll sie den Kammern sowie den Naturschutzverbänden zur Stellungnahme vorgelegt werden. Kernstück ist das Ökokonto, über das Zerstörungen mit Verbesserungen verrechnet werden. Umwelt- und Bausenatorin Herlind Gundelach (CDU) lobt die Flexibilität des neuen Instruments. „Aus der Wohnungswirtschaft habe ich mehrfach gehört, dass so etwas dringend notwendig sei“, sagt sie.

Hinter dem Ökokonto steckt die Idee, dass Landwirte darauf verzichten, Felder intensiv zu bewirtschaften und sich stattdessen für die ökologische Aufwertung bezahlen lassen. Wenn ein Acker nur einen geringen Ertrag bringt, kann es sich für sie lohnen, ihr Geld mit der Pflege und Bewirtschaftung von Naturschutzflächen zu verdienen.

Die Umweltbehörde würde nach einem Punktesystem errechnen, wie viel die vom Bauern vorgeschlagene Veränderung der Natur bringt. Bis das Feld als Ausgleichsmaßnahme in Anspruch genommen wird, würde die Summe der Punkte mit jährlich drei – maximal 30 – Prozent verzinst: Weil die Natur früher was davon hat, wird der Ausgleich höher bewertet. Die Behörde hoffe, dass das die Landwirte motiviere, früh auf die intensive Bewirtschaftung zu verzichten, sagte Birgit Berthy vom Naturschutzamt.

Umgekehrt könnte eine Firma, die etwa auf der grünen Wiese ein Güterverteilzentrum bauen will, bei der Behörde anfragen, ob im Kompensationsflächenkataster eine ähnliche Wiese im Angebot sei. Passen Art und Umfang des Ausgleichs zu Art und Umfang der Zerstörung, kann der Investor den Naturausgleich vom Bauern kaufen. Zur Sicherheit wird der Ausgleich ins Grundbuch eingetragen.

Der Umweltverband BUND befürchtet, dass sich mit dem Ökokonto die Naturzerstörung und die Kompensation dafür noch stärker voneinander abkoppeln könnten. „Wichtig ist die praktische Ausgestaltung“, sagt Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Die Naturschutzbehörden müssten den Ausgleich überwachen. Das könne schwierig werden, denn die entsprechenden Referate seien zum Teil unterbesetzt und „in den Bezirken atomisiert“ – Einzelkämpfer, die Mühe hätten, sich Gehör zu verschaffen.