„Ich bin sehr extrovertiert“

TOUR Der Musiker Heinz Ratz radelt unermüdlich gegen die deutsche Asylpolitik an

■ 42, ist Musiker und Schriftsteller und lebt in Kiel.

taz: Herr Ratz, heute kommen Sie auf Ihrem „moralischen Triathlon“ nach Bremen. Was ist das?

Heinz Ratz: Der Triathlon besteht aus drei Touren, mit denen ich auf Themen aufmerksam machen will, bei denen ich großes Unrecht und Handlungsbedarf sehe.

Welche Themen sind das?

2008 lief ich bei meinem „Lauf gegen die Kälte“ von Düsseldorf nach München, um gegen Obdachlosigkeit und Sozialabbau zu protestieren. Unterwegs habe ich abends Konzerte gegeben und dabei Spenden gesammelt. 2009 bin ich 1.000 Kilometer durch deutsche Flüsse geschwommen, um auf das Artensterben hinzuweisen.

Und diesmal?

Jetzt fahre ich 8.000 Kilometer mit dem Fahrrad, um auf die unmenschliche deutsche Flüchtlingspolitik aufmerksam zu machen.

Weshalb?

Der Umgang mit Flüchtlingen hat mit dem Grundgesetz nichts mehr zu tun. In den Asylbewerberheimen müssen vier erwachsene Männer teils viele Jahre lang auf 15 Quadratmetern leben, dürfen nicht arbeiten, sich nicht bilden, nicht reisen, nicht einmal selbst kochen.

Sie fahren teils über 130 Kilometer pro Tag. Hat man dann noch Lust, jeden Abend Konzerte zu geben?

Ich habe dazu immer Lust, ich bin ein sehr extrovertierter Mensch.

Haben Sie dazu denn vorher trainiert?

Nein, die Kondition kommt mit dem Machen. Das Radfahren hält man ganz gut durch, im Vergleich zum Schwimmen, das war wesentlich anstrengender.

Wir können Sie es sich eigentlich leisten, monatelang ohne eigene Einkünfte unterwegs zu sein?

Ich lebe von der Musik und der Schriftstellerei. Aber klar, ich kann nicht die ganze Zeit nur Benefiz machen. Wenn die Tour im April endet, muss ich mich finanziell erstmal ein wenig erholen.

Interview: Christian Jakob

20 Uhr Lagerhaus, Konzert mit „Strom und Wasser“ und „Kleingeldprinzessin“