Dutzende Tote bei Gefechten

UKRAINE/RUSSLAND Erstes Opfer in russischem Grenzort. Moskau spricht von gefährlicher Eskalation. Ukrainischer Präsident Petro Poroschenko sagt Reise nach Brasilien ab

KIEW afp | Der Tod eines Menschen in Russland durch ein aus der Ostukraine abgefeuertes Geschoss hat die Spannungen zwischen beiden Ländern am Sonntag verschärft. Ein Behördensprecher der russischen Region Rostow an der Grenze zur Ukraine sagte der Nachrichtenagentur Itar-Tass, ein in dem Nachbarland abgefeuertes Geschoss habe am Vormittag zwei Wohnhäuser beschädigt und einen Menschen getötet. Es ging demnach in einer grenznahen russischen Kleinstadt nieder, die an der Grenze zur Region um die ukrainische Metropole Lugansk liegt.

Das russische Außenministerium erklärte, der Vorfall zeige eine „äußerst gefährliche Eskalation der Spannungen an der russisch-ukrainischen Grenze“. Die ukrainische Regierung wies jegliche Verantwortung für den Beschuss zurück. Ukrainische Kräfte schössen nicht über die Grenze, erklärte der Sprecher des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Andrej Lissenko.

Die ukrainische Armee versucht seit der Einnahme der östlichen Rebellenhochburg Slawjansk vor einer Woche die Großstädte Donezk und Lugansk einzukesseln und die bewaffneten Gegner der Regierung in Kiew zu vertreiben. Im Großraum Donezk wurden bei Gefechten zwischen der Armee und Separatisten nach Angaben von Rettungskräften vom Sonntag binnen 24 Stunden mindestens zwölf Menschen getötet. Nach dem Tod von 30 Soldaten hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko den Rebellen am Freitag mit Vergeltung gedroht. Nach Armeeangaben wurden bereits fast hundert Separatisten getötet.

Nach Angaben der Aufständischen flohen am Wochenende Tausende Menschen aus den östlichen Krisenregionen. Weder die Angaben Kiews noch der Rebellen lassen sich überprüfen.

Hoffnungen auf eine baldige Beilegung der Krise auf diplomatischem Weg gab es am Wochenende kaum. Poroschenkos Stabschef Juri Luzenko erteilte möglichen Gesprächen mit den Führungen der von den Separatisten ausgerufenen Volksrepubliken Donezk und Lugansk eine Absage. Sie seien nur „Marionetten des Kremls“. Der einzige, der etwas zu sagen habe, sei Russlands Staatschef Wladimir Putin, sagte Luzenko. Auch die vage Aussicht, Poroschenko und Putin könnten sich am Sonntag am Rande des Finales der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien treffen, zerschlug sich. Wegen der Lage in seinem Land sagte Poroschenko seine Teilnahme an der Partie zwischen Deutschland und Argentinien in Rio de Janeiro ab.