Klimagipfel in Nairobi: Der Konsument kann die Politik beeinflussen
: Der private Stromverbrauch ist politisch

Fragt man deutsche Klimadiplomaten, welches Ergebnis sie sich vom Welt-Klimagipfel erhoffen, der ab Montag in Nairobi tagt, dann sagen sie: Ein Mandat, um ab 2007 über neue Maßnahmen für mehr Klimaschutz verhandeln zu können. Doch dieses Mandat gilt als unwahrscheinlich. Vielmehr soll der Gipfel 2006 dazu genutzt werden, gut Wetter für den Gipfel 2007 zu machen. Dort hofft man dann das Mandat für Verhandlungen über mehr Klimaschutz zu bekommen.

Wie bitte? Täglich werden neue Fakten über das rasante Tempo des Klimawandels bekannt. Und der UN-Klimagipfel debattiert, ob man schon in diesem oder erst im nächsten Jahr verhandeln soll? Ungeduld mit der Politik ist deshalb berechtigt – aber auch bequem. Denn der Klimawandel geht alle an, und jeder kann etwas für mehr Klimaschutz tun: zum Beispiel, indem er seinen Stromanbieter wechselt. Man kann nämlich schon heute klimakillerfrei fernsehen, Tee kochen und im Internet surfen. Ein Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist ein Beitrag zur Rettung der Welt!

Vor der Liberalisierung des Strommarkts hatten 60 Prozent der Deutschen erklärt, auf sauberen Strom umsteigen zu wollen. Hätte nur die Hälfte davon Wort gehalten, dann gäbe es heute weder RWE-Baustellen noch Vattenfall-Pläne für neue Braunkohlenkraftwerke. Schon 30 Prozent Ökostrom hätten ein Signal an die Energiekonzerne gesendet: Klimakillenden Dreckstrom wollen wir nicht mehr – und weil wir, die sauberen Konsumenten, immer mehr werden, müsst auch ihr, die Klimaschmutzfinken, umstellen. 30 Prozent Ökostrom, und Eon hätte längst seinen dritten Offshore-Windpark ans Netz geschaltet. Und auch die lästige Atomstrom-Debatte wäre uns erspart geblieben, denn der würde nicht mehr gebraucht.

Es war also nie einfacher als heute, eine Revolution zu machen. Tatsächlich aber beziehen noch nicht einmal ein halbes Prozent aller Deutschen Ökostrom. Bevor man also ungeduldig mit dem Finger auf die Klimaverhandler in Nairobi zeigt, sollte man seinen Stromanbieter wechseln: Die zuständigen Politiker warten nur darauf. NICK REIMER