piwik no script img

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wenn der Staat die Unternehmer aus der sozialen Verantwortung entlässt, dann muss er wenigstens finanziell handlungsfähig sein. Und das ist, anders als die Klimakatastrophe oder der Ausgang der US-Wahlen, nicht in Sicht

Für diese Regierung wäre die Haushaltskonsolidierung ein hübsches Projekt, nachdem sie bisher eigentlich gar keins hat

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wenn plötzlich alle sich ums Weltklima Sorgen machen, verbietet sich diese Frage beinahe.

Was wird besser in dieser?

Vielleicht schieben sie nach, vor allem China und Indien sollten auf ihr böses, böses Wachstum verzichten. Dann verstehe ich das alles wieder.

Die Regierung nimmt 40 Milliarden mehr ein als geplant und verwendet das Gros, um die Neuverschuldung zu senken. Hat sie Recht damit?

Klar. Sollte ein heillos überschuldeter Privathaushalt beim Aufschlag eines kleinen Lottogewinns Urlaubsprospekte blättern? Sozialrentner, Hartzisten, mitversicherte Kinder – sie alle hängen bereits oder bald von Steuereinnahmen ab, darin sind sich Union und SPD einig: Der Staat soll die Unternehmerseite tendenziell aus der sozialen Verantwortung entlassen. Da ist es das Mindeste, ihn finanziell handlungsfähig zu machen, was er auch mit diesem kurzen, warmen Regen noch lange nicht ist. Zumal sich die Koalitionäre bei keinem Alternativvorschlag jawirklich einig sind. Für diese Regierung wäre Konsolidierung ein hübsches Projekt, nachdem sie bisher eigentlich gar keins hat. Dann kann die nächste gestalten.

Vor fünf Jahren haben Nordallianz und US-Militär die Taliban aus Kabul vertrieben. Wie sieht die Bilanz seitdem aus?

Da niemand sagen kann, was ohne in den letzten fünf Jahren dort passiert wäre, ist die Frage nicht so rhetorisch, wie sie anmuten mag. Kontinuum der afghanischen Tragödie ist ja die brutalstmögliche Einmischung fremder Mächte seit Jahrzehnten. Vielleicht kommt man einer Lösung noch am nächsten, wenn man auch fragt: Was geht uns das an? Vulgo: Welchen Interessen dient das alles ?

Was muss sich ändern, damit Afghanistan eine Chance auf eine zivile Zukunft hat ?

Es muss sie wollen. Das wiederum bestünde aus: wollen lernen, lernen wollen und dann wollen dürfen.

Am Donnerstag vor 17 Jahren fiel die Mauer. Ost-West ist kein großes Thema mehr. Ist das so in Ordnung – oder haben wir uns nur an das gewöhnt, was nicht zu ändern ist?

Zunächst mal hat Kohl mit seiner willkürlichen Setzung des 3. Oktober als diesbezüglichem Feiertag sich selbst kräftig was geschichtsgedoktert. Das nimmt Aufmerksamkeit von der friedlichen Revolution des 9. November. Dann ist es in der Tat inzwischen so, dass Globalisierungsfolgen, die durch die deutsche Einheit hier zunächst gar nicht bis gemildert ankamen, nun gesamtdeutsch nachgeholt werden.

Am Freitag entscheidet der Bundestag über das Stasi-Unterlagengesetz. Eigentlich soll die Stasi-Überprüfung für den öffentlichen Dienst, jetzt im 15. Jahr, enden. Manche DDR-Oppositionelle meinen, dass es sie weitergeben muss. Zu Recht?

Habe ich mich als Nicht-DDR-Bürger zu äußern? Zu Recht?

Am Dienstag wird in den USA der neue Kongress gewählt. Bushs Republikaner werden wahrscheinlich verlieren. Können wir, in die Zukunft gedacht, bei den Demokraten auf eine vernünftigere Außenpolitik hoffen?

Die gegenwärtige US-Außenpolitik ist das, was dabei rauskommt, wenn man eigentlich gar keine machen will, mit diesem „republikanischen“ Konzept scheitert und dann halt um sich ballert. Clinton hat auf den letzten Metern in Israel und Nordirland Initiativen ergriffen, aber auch in Somalia, Haiti, Kosovo, Libyen rumgebombt wie die Bushs vor und nach ihm. Und auch ihm war Ruanda wurscht. Ein außenpolitisches Konzept der Demokraten unterschiede sich also, leider, weniger im imperialistischen Auftritt – dafür dürfte man aber auf eine halbwegs diskutierbare Idee hoffen und das Bedürfnis, sie international leidlich abzustimmen.

Berlusconi will vielleicht ProSiebenSat.1 kaufen. Soll er dürfen?

Mir? Ja.

Und was macht Borussia Dortmund?

Ich kam mit dem Fahrrad auf dem Rückweg an der Strobelallee vorbei und gönnte mir einen kurzen Blick zwischen Nord- und Osttribüne auf die Halbzeitpausenfeier der Südtribüne, aus Richtung Westfalenhalle kann man da ganz gut durchgucken, singen hören, „wieder ausverkauft!“ staunen. Freunde sagten später, damit habe ich das Beste vom Spiel gesehen. FRAGEN: SR

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen