Greenpeace-Energy statt Vattenfall

Auch traditionelle Hersteller bieten Ökostrom an. Ihre Einnahmen landen aber in derselben Kasse wie das Geld, das sie mit Atomstrom und Kohle verdienen. Alternative Anbieter fördern dagegen den Bau neuer Ökostromanlagen

BERLIN taz ■ Der Schauspieler Peter Sodann tut es, der Schokoladenhersteller Alfred Ritter tut es und der Magdeburger Bischof Axel Noack ebenfalls: den Stromanbieter wechseln. Doch sie wechseln nicht zu irgendeinem Anbieter, sondern zu Firmen, die ihren Strom umweltverträglich erzeugen. Also neben Biomasse oder Windkraft auch aus Sonnenenergie und Wasserkraft herstellen oder in hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen.

Allerdings ist das nur ein kleiner Lichtblick in einer Geschichte voller Missverständnisse: Vor der Strommarktliberalisierung 1999 hatten 60 Prozent der Stromkunden erklärt, sie seien bereit, auf einen Ökostromanbieter umzusteigen. Einer Umfrage der Zeitschrift Energie & Markt zufolge bezogen Ende 2004 gerade mal 550.000 Haushalte und knapp 40.000 Firmen grünen Strom. Fünf Jahre nach der Liberalisierung haben damit nur 0,5 Prozent aller Verbraucher von ihrem Recht, die Umwelt zu schonen, Gebrauch gemacht.

Dabei waren die Pläne durchaus ambitioniert: Lichtblick rechnete für das Jahr 2000 mit 200.000 Kunden. Immerhin gelang es dem in Hamburg ansässigen Unternehmen 2006, seine Kundenzahl von 181.000 Kunden auf 210.000 zu erhöhen. Gero Lücking von Lichtblick: „Tatsächlich klafft eine große Lücke zwischen den Absichtserklärungen und deren Umsetzung.“

Die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), Greenpeace Energy, Lichtblick oder Naturstrom – Ökostrom von diesen Anbietern fördert alternative Energiequellen zusätzlich. Lücking: „Außer dem von Gesetzgeber festgelegten Anteil wird unser Strom nicht über das Erneuerbare-Energien-Gesetz finanziert.“

So kauft Greenpeace Energy Solarstrom aus Österreich und unterstützt so den Bau neuer Solaranlagen zusätzlich zu denen, die in Deutschland nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden. Und nur neue Anlagen unterstützen eine wirkliche Energiewende.

Allerdings machen die alten Platzhirsche den Ökostromern ziemlich zu schaffen – mit ihren Ökotarifen. Vattenfall hat mit seinem Ökolabel „newpower“ in Hamburg 1.900 Kunden, „Ökopur“ beziehen in Berlin 9.300 Haushalte. Die Stadtwerke München erreichen mit 6.300 Öko-Kunden sogar mehr als im Bundesdurchschnitt. „Die Etablierten investieren aber nicht so konsequent in neue Anlagen wie wir“, sagt Jan Haase von Greenpeace Energy. Das Geld landet in derselben Kasse wie das vom Kohle- und Atomstrom. Martin Schinde von Naturstrom: „Die Stadtwerke bieten zwar Ökostrom an, wollen aber die Energiewende nicht.“ Kaum verwunderlich: Die Renditemöglichkeiten von Kohle- und Atomstrom bleiben hoch. NICK REIMER

CHRISTIAN HONNENS

Wechseln leicht gemacht:

www.atomausstieg-selber-machen.de

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