Gewoba statt Hedgefonds

STADTENTWICKLUNG Die Gewoba will 64 Millionen Euro investieren. Zu wenig, so die Linkspartei. Sie fordert Aufkauf und Sanierung von Schrottimmobilien

Die Gewoba will mehr „ortsgebundene Senioren“ und „mobile Best-Ager“ erreichen

56.000 Wohnungen verwaltet die kommunale Gewoba, einer von sieben Bremern zahlt an sie die Miete. Doch vielen genügt das nicht. Denn allen Stadtentwicklungsprognosen zufolge wird Bremen wachsen – und der Bedarf an bestimmten Wohnungsarten in den nächsten Jahren stark zunehmen. Im August forderte die Stadtbürgerschaft deshalb den Senat auf, einen Bericht vorzulegen. Darin soll die Gewoba darlegen, wie sie der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden gedenkt. Dem Strategiepapier zufolge will die Gesellschaft 64 Millionen Euro investieren, um 500 neue Wohnungen zu bauen. Durch Umbaumaßnahmen sollen mehr Angebote für „ortsgebundene Senioren“ und „mobile Best-Ager“ entstehen. Der aus der Sozialforschung entlehnte Begriff beschreibt ein Milieu junger Berufstätiger, bei denen die Lebensqualität eine große Rolle für die Wohnortwahl spielen soll. Auch Angehörige der Milieus der „Anspruchsvollen“ und der „jungen Urbanen“ will die Gewoba mit Wohnungen in „guten und mittleren Lagen“ nach Bremen locken.

Aufgenommen wurde das Papier mit wenig Euphorie. „Alles nicht verkehrt, aber alles nichts neues“, urteilt die wohnungsbaupolitische Sprecherin der Linkspartei, Inga Nitz. „Es bleibt total unklar, wie die Gewoba die Ausweitung ihres Bestands nun genau anstellen will.“ Um dem stark ansteigenden Mangel an Wohnungen zu begegnen, präsentiere die Gewoba „nichts nennenswertes“, so Nitz. Ihr schwebt dabei der Ankauf und die Sanierung von „verwahrlosten Schrottimmobilien“ vor, wie sie in Walle oder Vegesack zu finden seien. Diese seien in die Hände von Hedgefonds gelangt, die die Häuser verfallen lassen würden. „Ich weiß nicht, ob die Gewoba das finanzieren könnte, aber es wurde nicht mal durchgerechnet“. Die Gewoba konnte am Donnerstag keine Stellungnahme zu dem Vorschlag abgeben.

Erst im August hatte die Stadtbürgerschaft einen Beschluss gefasst, der sich gegen die Veräußerung von kommunalen Anteilen der Gewoba – derzeit sind es rund drei Viertel – gewandt hatte. Dies hatten SPD und Grüne damit begründet, dass Bremen schlechte Erfahrungen mit der Privatisierung von Wohnimmobilien gemacht habe. Diese hätten „in den vergangenen Jahren oftmals unangenehme Folgen für die Mieterinnen und Mieter gehabt“, hieß es in dem Antrag der von SPD und Grünen. Warnendes Beispiel hierfür seien die „schlimmen Wohnverhältnisse in den Gebäuden Neuwieder Strasse 1 und 3“ mit ihren „immer undurchschaubareren Eigentumsverhältnissen“.

Derzeit fließen der Stadtgemeinde Bremen jährlich acht Millionen Euro aus Überschüssen der Gewoba zu, lokale Handwerksbetriebe erhalten jährlich Aufträge in Höhe von über 50 Millionen Euro von der Gewoba. Einen Antrag der Linkspartei, den kommunalen Anteil deshalb noch weiter aufzustocken, hatte Rot-Grün allerdings abgelehnt.

Christian Jakob