Kameras sind bei friedlichen Demos tabu

ÜBERWACHUNG Die Polizei darf bei Demos nur bei Gefahr im Verzug filmen oder fotografieren. Das vorsorgliche Ausfahren einer Kamera für den Notfall ist verboten, urteilte jetzt ein Gericht

Das Verwaltungsgericht Hannover hat der Polizei enge Grenzen für den Einsatz von Kameras bei Demonstrationen gesetzt. Wenn die Polizei vorsorglich einen Kamerawagen mit einer bereits ausgefahrenen Mastkamera bereithalte, führe alleine schon das Gefühl des Beobachtetwerdens zu einer Einschränkung der Versammlungsfreiheit, urteilte das Gericht am Montag. Es gab der Klage von Teilnehmern einer Kundgebung gegen Neonazis in Bad Nenndorf statt, die sich von dem Wagen mit der Kamera abgeschreckt gefühlt hatten.

Das Gericht urteilte, dass diese Art der Vorbereitung auf ein alleine bei Ausschreitungen zulässiges Filmen zu weit gehe. Die Einstellung der Demonstrationsteilnehmer werde dadurch berührt, vor allem weil sie aus einiger Entfernung nicht erkennen könnten, ob die Kamera laufe oder nicht. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit wiege so schwer, dass die Polizei im Ernstfall die geringe Verzögerung in Kauf nehmen müsse, die sich durch das Ausfahren der Kamera ergebe.

Teilnehmer der Demonstration gegen rechts hatten Anfang 2012 in Bückeburg von der Polizei verlangt, die aus ihrer Sicht rechtswidrigen Aufnahmen von der Demonstration zu löschen. Wegen der ausgefahrenen Kamera waren sie davon ausgegangen, auch gefilmt worden zu sein. Die Polizei jedoch erklärte, keine Aufnahmen gemacht zu haben und hielt das Bereithalten des Kamerawagens für notwendig, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Wie das Gericht entschied, wäre das Bereithalten der ausgefahrenen Kamera nur dann zur Gefahrenabwehr erforderlich und gerechtfertigt gewesen, wenn eine unfriedliche Wendung der Demonstration konkret bevorgestanden hätte.

Nach dem niedersächsischen Versammlungsgesetz darf die Polizei einzelne Personen, aber auch die gesamte Kundgebung im Überblick filmen, um eine von den Demonstranten ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Eine unübersichtliche Versammlung darf auch mit Kameras beobachtet werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Gefahr sind. Bei friedlichen Demos sind Kameras tabu.  (dpa)