Die Akten und die Toten

BBC So geht Gerichts-serie: „Silk – Roben aus Seide“ zeigt Drama und Kompetenz (20.15 Uhr, ZDFneo)

Das englisch-walisische Rechtssystem ist dermaßen kompliziert, dass wohl nur ein Jurist eine annähernd realistische TV-Serie zum Thema zustande bringt. Mit Peter Moffat stand der BBC der passende Autor zur Verfügung. Moffats Weg führte von der Jurisprudenz über das Hörspiel zur Fernseherzählung; den Einstieg ermöglichte ihm ein Episodenskript für „Kavanagh QC“ – eine Anwaltsserie.

„QC“ steht für „Queen’s Counsel“, Kronanwalt, und damit wären wir bei „Silk – Roben aus Seide“. In der Regel wird pro Kanzlei nur einem oder einer Auserwählten die Ehre zuteil, die Seidenrobe –„Silk“ – der privilegierten Kronanwälte tragen zu dürfen. In der Sozietät Shoe Lane Chambers gibt es gleich zwei Anwärter: den nicht immer ehrlich spielenden Clive Reader (Rupert Penry-Jones) und die ehrgeizige Martha Costello (Maxine Peake).

Bürovorsteher Billy Lamb (Neil Stuke) sieht Costellos möglichen Aufstieg mit gemischten Gefühlen. Die von ihrer Arbeit und, so sehen es viele ihrer Kollegen, von einem unzeitgemäßen Gerechtigkeitsbegriff besessene Costello erreicht Urteile, die der Zuschauer als richtig empfindet. Aber mag Costello das Debattierfeld auch als Heldin in weißer Rüstung verlassen, bleibt die Welt doch in Unordnung. Manchmal verschlimmert sich die Lage gar. So, als sie einem des Raubes angeklagten Wiederholungstäter zur Freiheit verhilft – und bald selbst von dem psychisch gestörten Mann behelligt wird.

Die Serie hat diverse durchlaufende Themen, namentlich die Schwächen des englisch-walisischen Rechtssystems, das Abhängigkeiten und Machtgefüge schafft. Das wirkt sich auf die Abläufe in der Sozietät aus.

Ob Costello Zutritt zum „Silk“-Zirkel erhält? Die Antwort bleibt dem Staffelende vorbehalten. In Staffel 2, die ZDFneo ab 5. August in direktem Anschluss zeigt, wir dann ein neuer Spannungsbogen aufgezogen. HARALD KELLER