Das Land der Trommler

Nach dem Landesmusikrat in Schleswig-Holstein öffnet nun auch der in Niedersachsen den altehrwürdigen Wettbewerb „Jugend musiziert“ für Pop-Musiker. Dabei haben die Niedersachsen sogar die Kategorie „DJing“ angeboten – mit wenig Erfolg

Eigentlich sind alle Schlachten des Pop im etablierten Kulturbetrieb längst geschlagen. Man kann Popmusik an staatlichen Hochschulen studieren, man hat mit Sigmar Gabriel einen Bundesminister, der schon mal das schöne Amt des Pop-Beauftragten der niedersächsischen SPD innehatte, man baut John Lennon ein Denkmal in Verden, für das sich vor allem das dortige Deutsche Pferdemuseum einsetzt. Pop hat längst keine Akzeptanzprobleme mehr. Und doch freut man sich immer wieder über jene Geschichten, in denen er eine der spärlich gewordenen Hürden in Richtung Establishment nimmt.

Hier ist noch so eine Geschichte: Diesmal kommt der Pop an im hochehrwürdigen Jugendwettbewerb „Jugend musiziert“. Bekannt ist der allen Menschen, die als Kind mal Geige, Bratsche oder Oboe lernen mussten. Seit 1963 gibt es den Wettbewerb, so lang wie die Fußball-Bundesliga. Ebenso wie den Fußball gibt es „Jugend musiziert“ auf regionaler Ebene, oberhalb folgt darauf die Landes- und dann die Bundesebene.

Träger des Wettbewerbs ist der Deutsche Musikrat, der wiederum in jedem Bundesland einen eigenen Landesmusikrat unterhält. Weil die Landesmusikräte auch nur in ihren Landesgrenzen aktiv werden können, gibt es dieses Jahr in Niedersachsen im Rahmen von „Jugend musiziert“ den Wettbewerb „JuMu goes Pop“. Das heißt: Die niedersächsische Popfraktion zwischen acht und 21 Jahren darf mit ins Boot kommen – mit eigener Jury und eigenem Auftritt vom 8. bis 11. März in der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.

Mitmachen dürfen bei der ersten Ausgabe von „JuMu goes Pop“ allerdings nur Schlagzeuger, Sänger – und DJs. Moment – DJs? Petra Parrisius, Geschäftsführerin des Landesmusikrats, sagt: „Für die Kategorie DJ haben wir uns entschieden, um herauszubekommen, ob es auf diesem Gebiet überhaupt eine Szene gibt in Niedersachsen.“ Für dieses erste Jahr ist der Befund negativ: Angemeldet hat sich kein einziger DJ. Was daran liegen könnte, dass der ein- oder andere DJ eine Teilnahme bei „Jugend musiziert“ als nicht unbedingt karriereförderlich empfinden könnte. Oder auch daran, dass der Wettbewerb noch zu unbekannt ist.

Wobei man sagen muss: Die anderen hat die Ausschreibung durchaus erreicht. 47 Anmeldungen lägen in Niedersachsen etwa bei den Schlagzeugern vor, sagt Parrisius. Deutlich mehr als in Berlin, wo es auch einen Pop-Wettbewerb gibt, und in diesem Jahr nur drei Schlagzeuger trommeln wollen. Überhaupt ist Niedersachsen ein Land der Trommler, auch in der Klassik: Die klassischen Schlagzeuger im Land, sagt Parrisius, „sind im Bundeswettbewerb traditionell sehr stark vertreten“. In der Trommel-Jury sitzt übrigens Dennis Poschwatta, Drummer der mittlerweile aufgelösten Göttinger Band „Guano Apes“. Wer als Sänger am Wettbewerb teilnimmt, muss dafür vor dem unvermeidlichen Heinz-Rudolf Kunze auftreten.

Aber um Besser oder Schlechter geht es gar nicht bei „Jugend Musiziert“. Sondern: ums Fördern, um das Beratungsgespräch nach der Darbietung, das jeder Teilnehmer mit der Jury führen darf. In Schleswig-Holstein zum Beispiel hat der dortige Landesmusikrat vor einem Jahr erstmals den Pop zum Wettbewerb zugelassen und gleich einen Nachfolgeworkshop organisiert, berichtet Geschäftsführer Hartmut Schröder. Auch dieses Jahr gibt es mit den Kategorien Gesang und E-Bass Pop bei „Jugend musiziert“ in Schleswig-Holstein. Anders ist das in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen: Dort sind zur Klassik bislang einzig verschiedene Jazz-Wettbewerbe hinzugekommen. Klaus Irler