LESERINNENBRIEFE
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Eine Form von Menschenhandel

■ betr.: „Problem sind die, die nicht WM schauen“, taz vom 12. 7. 14

Wenn diese WM etwas zeigt, dann dass Sport nicht egalitär ist, sondern ein globalisiertes Wirtschaftsprodukt. Dieses ständige Rumgefasel von dem großartigen deutschen Kollektiv in der taz ist ja nicht mehr auszuhalten, als hätte die deutsche Nationalmannschaft den Sozialismus neu erfunden. Man mag ja schön finden, wie sie spielen, aber warum muss das ständig ideologisch verbrämt werden? Dabei liegt die ökonomische Basis des Ganzen doch auf der Hand. Ohne den FC Bayern und seine Wirtschaftssponsoren wäre es nix mit der Harmonie des deutschen Teams. Hoeness, Audi und Allianz als Wegbereiter des deutschen Fußballsozialismus. Hey, aufwachen!

Aus afrikanischer Sicht hingegen ist europäischer Fußball eher eine Form von Menschenhandel, bei dem schwarze Kinder und Jugendliche angeworben und gegebenenfalls wieder weggeworfen werden. Und Brasilien, wie in der taz zu lernen war, für Spielevermittler eigentlich nur eine Nachschubarena für europäische Clubs. Ob Fußball Opium fürs Volk ist? Selbstverständlich. Jede Woche Bundesliga, Champions League, EM-Quali, WM-Quali – keine Woche ohne Fußballevent. Diesen ganzen Quatsch mitzuverfolgen ist eine lebensfüllende Beschäftigung. Sicher, Fußball trägt zur Völkerverständigung bei, genau so wie Coca-Cola, McDonald’s und andere Globalisierungswegbereiter. Also wenn ihr Fußball gucken wollt, bitte, aber mit Sport hat das schon lange nichts mehr zu tun. Vielleicht kann die Berichterstattung ja demnächst im Wirtschaftsteil erscheinen – mit Marktwert der Spieler, Bruttosozialprodukt der Nationen etc. Das wäre mal was Neues. Und ja, ich gucke das Finale mit meinen Kindern … FLORIAN NELLE, Pulheim

Respekt sieht anders aus

■ betr.: „Scheiß auf den Titel. Es lebe das Spiel“ u. a., taz v. 12. 7. 14

Was ist das für eine kalte Welt. Während wir hier dem Fußballfinale entgegenfiebern, sterben in Israel, im Gazastreifen und in der Ukraine jeden Tag Hunderte von Menschen. Während dort Krieg herrscht, findet es die Fifa um Sepp Blatter und Co. noch nicht mal für angemessen, eine Botschaft in diese Richtung auszusenden. Ein besseres Forum vor aller Welt gibt es doch wohl kaum. Stattdessen durften die Spielführer in den vorangegangenen Partien ihr (abgelesenes) und abgedroschenes Statement gegen Rassismus herunterspulen. Immerhin. Respekt sieht aber anders aus!

Daran erkennt man doch, wie einfältig, wie unsensibel der reichste Verband der Welt funktioniert! Das Schlimmste aber ist, dass sich keiner aufregt, nicht einmal die Medien, die sich offenbar von einem Sportereignis ein Mehr an Aufmerksamkeit und Einschaltquoten versprechen als von Kriegsschauplätzen und Menschenleben abseits eines Massenevents, der mittlerweile zelebriert wird. Kommerz geht vor Menschenleben. Kälter geht’s nimmer.

BURKHARD KLÜCKMANN, Kirburg

Und, wem nützt das?

■ betr.: „Scheiß auf den Titel. Es lebe das Spiel“ u. a., taz v. 12. 7. 14

Und, wem nützt das? Vielleicht dem Volk?! Oder gar der Jugend? Fußball ist das wahre Opium für das Volk (Umberto Eco)! Wo, liebe taz, bleiben denn die vielen anderen Sportarten, in denen wesentlich härter trainiert wird? Schon mal etwas von der Königin der Sportarten gehört, genannt Leichtathletik? KLAUS-G. WALTHER, Reinbek