Protest per Überweisungsträger

In Hamburg geht er erst los, in Niedersachsen kommt der Boykott der Studiengebühren in die heiße Phase, denn an den fünf großen Unis läuft bald die Zahlungsfrist ab. In Emden und Lüneburg wurde die nötige Zahl von Boykotteuren verfehlt

VON KAIJA KUTTER

Das Prinzip ist ganz einfach: Statt an ihre Universität zahlen Studierende die Studiengebühren – derzeit 500 Euro pro Semester – auf ein Treuhandkonto. Macht ein Viertel der Studierenden dabei mit, verhandelt der Asta oder ein eigens gebildeter Verein mit Landesregierung oder Uni-Leitung über das weitere Vorgehen. Nur wenn diese 25 Prozent verfehlt werden, wird ganz normal an die Hochschule überwiesen. So weit die Drohkulisse.

In Hamburg etwa könne es sich die Stadt „nicht leisten, einfach 10.000 Studierende zu exmatrikulieren“, glaubt Torsten Hönisch von der dortigen Juso-Hochschulgruppe. Diese will in den kommenden Tagen zusammen mit anderen studentischen Organisationen und Polit-Prominenz einen „Trägerverein“ gründen, der eine solche Boykottkampagne durchzieht. Das Ziel: die völlige Rücknahme der Gebührenpflicht.

Weil in Hamburg das Gesetzgebungsverfahren etwas länger dauerte, haben die rund 60.000 Studierenden der fünf Hochschulen noch bis zum 15. Juni Zeit, zu überweisen. Die Zahlungsaufforderungen dafür kommen erst Anfang April. „Dann beginnt die heiße Phase“, sagt Hönisch.

Im Nachbarland Niedersachsen, wo zeitgleich Gebühren einführt werden, muss sich schon jetzt zeigen, ob der Boykott greift: Hier kam der Überweisungsträger mit der Rückmeldung fürs Wintersemester ins Haus. Die Fristen variieren von Hochschule zu Hochschule, doch bis spätestens März müssen alle gezahlt haben. „Im Februar wird es interessant“, sagt Daniel Josten von der Landesastenkonferenz Niedersachsen. „In zwei bis drei Wochen können wir sagen, ob es funktioniert.“ An der Uni Hannover, wo die Rückmeldefrist bis zum 3. Februar läuft, müssen gut 5.000 der 21.500 Studierenden gewonnen werden. Erste Zahlen hatte Josten gestern noch nicht, aber die Stimmung „sieht gut aus“.

Derweil donnerte Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) Einschüchterndes durchs Land: Studierende, die meinten, sie könnten das Ministerium unter Druck setzen, „verkennen die Rechtslage“, sagte er. Bei Nichtzahlung der Gebühr sei eine Exmatrikulation „gesetzlich vorgeschrieben“.

„Ich gehe davon aus, dass sich sehr viele abgeschreckt fühlen von einer drohenden Exmatrikulation“, sagt Thomas Strücker vom Studierendenparlament an der Uni Hildesheim. Dennoch sei er „optimistisch“, dass bis zum Ende der dortigen Frist am 9. Februar das nötige Quorum zusammenkommt. In Hildesheim versichert der Asta den Boykotteuren, dass es nicht zum Ärgsten kommt. „Wir spekulieren, dass die Mahnfrist um zwei Wochen verlängert wird.“ Dann werde man der Uni das Geld überweisen. An anderen Hochschulen müssen die Boykotteure den beauftragten Anwälten unterschreiben, dass ihnen bekannt ist, dass sie „möglicherweise“ ihren Studienplatz „gefährden“, auch wenn alle Aktiven das Risiko aus politischen Gründen für gering halten.

„Es ist wichtig, dass es nicht nur eine Hochschule ist und auch die großen wie Braunschweig und Hannover das packen“, sagt Frederik Vogel vom Asta der Uni Osnabrück. Dort beginnt die Rückmeldefrist erst am Montag, bis gestern hatte man 112 der nötigen 2.626 Boykottwilligen zusammen. Auch an der Uni Braunschweig läuft die Aktion zögerlich an. „Viele, die vorbei kommen, haben schlicht das Geld nicht. Weder für den Boykott noch für das Immatrikulationsamt“, sagt eine Asta-Mitarbeiterin.

Bereits abgeblasen ist der Boykott in Lüneburg und Emden. An der Emdener Fachhochschule lief die Frist am 20. Januar ab, und es folgten knapp 600 Studierende dem Aufruf – nötig wären rund 1.000 gewesen. „Wir werden es im nächsten Semester weiter probieren“, sagt Asta-Sprecherin Anett Lehmann. In Lüneburg trauten sich bis zur „Deadline“ eine Woche vor Rückmeldeschluss knapp 10 Prozent der Studierenden, die Gebühr zu boykottieren. „Ein bisschen mehr Zeit“, sagt Asta-Sprecher Caspar Heibel, „und wir hätten es geschafft.“

Jeden Frust erspart hat man sich an der Uni Göttingen: Nach einer knapp gescheiterten Urabstimmung nahmen die Studierenden nicht am Boykott teil.