Ackermann glaubt an die Unschuld

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verteidigt vor Gericht die Millionenprämien für Mannesmann-Vorstände im Übernahmekampf gegen Vodafone. Die Angeklagten geben Einblick in eine Welt ohne Hartz IV und mit Leistungsprinzip

AUS DÜSSELDORF KLAUS JANSEN

Nach 60 Minuten Josef Ackermann hat die internationale Presse ihre Nachricht. „Äckermän is insisting he is not guilty“, spricht ein englischer Journalist hektisch in sein Mobiltelefon: „Ackermann beteuert seine Unschuld.“ Die Neuauflage des Mannesmann-Prozesses im Düsseldorfer Landgericht ist ein internationales Ereignis.

Der ein wenig heruntergekommene Justizpalast hat sich schick gemacht. Vor Ankunft der angeklagten Manager und Aufsichtsräte des im Jahr 2000 von seinem Konkurrenten Vodafone übernommenen Mobilfunkunternehmens fegt ein Straßenkehrer das letzte Herbstlaub vor der Tür zusammen. Die Holzstühle im Zuschauerbereich sind voll besetzt. Kein Wunder: Immerhin spricht mit Josef Ackermann der Chef der Deutschen Bank. Der 58-Jährige ist wegen schwerer Untreue angeklagt, weil er als Aufsichtsrat von Mannesmann der Ausschüttung von 57 Millionen Euro an Prämien und Pensionen zugestimmt hat – zu einem Zeitpunkt, als die größte Übernahmeschlacht der deutschen Wirtschaftsgeschichte längst verloren schien.

Vor dem Prozess hat Ackermann angedeutet, im Fall einer Verurteilung als Bankchef zurückzutreten. Im Gerichtssaal kämpft er dafür, es nicht tun zu müssen. Die Prämien für die Mannesmann-Vorstände um den Vorsitzenden Klaus Esser seien eine „besondere Vergütung für außerordentliche Leistungen in der Vergangenheit“, sagt er. Es sei auch darum gegangen, den Vodafone-Managern zu signalisieren, dass der Mannesmann-Aufsichtsrat „zu seinen Leuten stehe“. Als Beleg für den Sinn dieser Aktion führt er ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young an: Gerade kurz nach Fusionen sei es wichtig, die Leistungsträger der aufgekauften Firma bei der Stange zu halten.

Ackermann hält den Kopf während der Aussage gesenkt. Seine Hände klammert er an sein Manuskript. Nicht überheblich sein, keine Wut erzeugen, Schlagzeilen vermeiden – das sind die Lektionen, die er aus der ersten Runde des Prozesses gelernt hat und die er über die 23 Verhandlungstage bis zum Urteil im Februar durchhalten will.

Er wolle die Geschehnisse aus seinem „damaligen Erfahrungshorizont“ schildern, sagt Ackermann mit dem Tonfall eines verständnisvollen Gesamtschulpädagogen. So konziliant das klingt – geändert hat sich die Einstellung des Schweizers trotzdem nicht. Er sieht weiterhin kein Problem darin, dass die Prämien nicht in den Verträgen der Manager vorgesehen waren. Unternehmen müsse es erlaubt sein, außerordentliche Leistungen außerordentlich zu honorieren, findet er. Das sei „Ausdruck des Leistungsprinzips“, das ihn bei solchen Entscheidungen leite.

„Ich bitte Sie, mir zu glauben“, sagt Ackermann zum Schluss. „Ich war mir immer sicher, dass wir nichts Unrechtes getan haben.“ Zudem seien alle Entscheidungen juristisch geprüft worden. Als ein Richter wissen will, wer denn diese Prüfung vorgenommen habe, wirkt Ackermann das einzige Mal unsicher. „Ich denke, dass war die Rechtsabteilung. Wer genau, weiß ich aber nicht. Ich war damals noch nicht so lange im Unternehmen und kannte die Strukturen nicht so genau.“

Noch deutlicher offenbart der damalige Mannesmann-Chef Klaus Esser das Selbstverständnis der gescheiterten Übernahmekämpfer. Zwar habe er seinen Bonus von 16 Millionen Mark „weder gewollt noch erbeten“ – doch sei zu bedenken, dass die Abfindungen in eine andere Zeit fielen: „Die Menschen kannten Hartz IV noch nicht, und das Wort Globalisierung hatte noch einen guten Klang“, sagt Esser. Ein großer Teil der Zuschauer hat da schon den Saal verlassen.