Pantelic und das Ende der Statistiken

Hertha gewinnt ohne Bastürk. Der Club spielt nicht unentschieden. Torhüter bereiten die Treffer vor. Und Pantelic trifft mit dem Außenrist. Das 2:1 der Berliner gegen Nürnberg beendet reihenweise fast schon sicher geglaubte Fußballerweisheiten

VON JOHANNES KOPP

Es war ein Spiel, bei dem die Serien rissen. Der 1. FC Nürnberg verlor am Samstag erstmals seit über einem halben Jahr – mit 1:2 in Berlin. Und Trainer Hans Meyer hielt im Anschluss Rückschau auf die außergewöhnlich erfolgreiche Zeit. Er fragte seinen langjährigen Vereinspräsidenten: „Herr Roth, können Sie sich an Vergleichbares erinnern?“ Daran gewöhnt, den Alleinunterhalter zu spielen, antwortete Meyer selbst auf seine Frage: „Sie können sich an nichts erinnern.“

Es endeten im Olympiastadion aber auch Serien, die zuletzt als Bürde auf den Vereinen lasteten. In Nürnberg, berichtete Trainer Meyer, wurde fast nur über die ständigen Unentschieden gesprochen – sieben in Folge waren es zuletzt. In Berlin wiederum diskutierte man über die statistisch belegbare These, Hertha könne ohne Yildiray Bastürk keine Spiele gewinnen. Mit dem 2:1 sind beide Themen vom Tisch.

Statistisch gesehen wies die Bundesligapartie selbst einige Besonderheiten auf. Die Nürnberger hatten mehr Ballbesitz, gewannen mehr Zweikämpfe, schossen öfter neben und auf das Tor. Das Spiel verloren sie aber dennoch. Meyer lobte trotzdem das kontrollierte und organisierte Spiel seiner Elf.

Ähnliches wollte vermutlich Hertha-Trainer Falko Götz zum Ausdruck bringen, als er sagte: „Meine Mannschaft ist heute als Team aufgetreten.“ Nach dem Ausfall von Bastürk, Pal Dardai und Kapitän Arne Friedrich, der kurzfristig wegen einer fiebrigen Erkältung abgesagt hatte, musste sich eine völlig neu formierte Hertha beweisen. Götz bekannte, dass ihm anfangs diese Verletztenliste sehr aufs Gemüt geschlagen hatte. Doch wenn er seine Mannschaft aufstelle, sei er „der Optimist schlechthin“. So bot er zum Erstaunen vieler Ashkan Dejagah für Bastürk auf. Der 20-Jährige hatte zuvor in dieser Saison noch nicht eine Minute auf dem Platz gestanden.

In Zusammenarbeit mit Kevin Boateng gestaltete er in der ersten halben Stunde die druckvollste Phase von Hertha. Dem gegnerischen Trainer missfiel im Nachhinein, dass die „beiden jungen Wilden“ ständig anspielbereit waren. Hatte Götz seinem erfahrenen Kollegen mit Dejagah ein Schnippchen geschlagen? Nein, diese Schlagzeile gönnte Meyer den Reportern nicht: „Ich halte fest: Falko hat mich nicht überrascht.“

Spielentscheidend war die Zusammenarbeit zwischen dem Nürnberger Torhüter Raphael Schäfer und dem Berliner Stürmer Marko Pantelic. Beim ersten Tor grätschte Schäfer bei einer Rettungsaktion gegen Gilberto das Leder Pantelic vor die Füße. Beim zweiten konnte Schäfer den Ball nach einem Schuss von Christian Gimenez nur abklatschen. Genau dorthin, wo der Serbe schon lauerte. Zwischenzeitlich hatte Ivica Banovic per Kopfball den Ausgleich erzielt. Dass es auch dieses Mal der Torwart war, nämlich Christian Fiedler, der Banovic den Ball auf den Kopf servierte, sorgte für eine weitere statistische Eigentümlichkeit des Spiels.

„Pantelic war heute der Spieler, der den Unterschied ausmachte“, sagte Dieter Hoeneß. Der Hertha-Manager war überglücklich. Immerhin hatte ihm der Doppeltorschütze auch noch seinen ersten Treffer gewidmet. Ein schöner 20-Meter Schuss mit dem Außenrist. Kürzlich wurde der Stürmer beim Spiel gegen Bayern München hart kritisiert, weil er mit seiner Vorliebe für die riskante Außenristschusstechnik eine gute Torgelegenheit vermasselte.