MIGRANTEN UND SCHULE: ES WIRD VIEL GEREDET – ABER ZU WENIG GETAN
: Was tun, wenn’s brennt?

Die aufgeregte Debatte um die Rütli-Schule, die vor einem Jahr die Republik umtrieb, war fraglos ein Weckruf. Seit die Hauptschule im Berliner Stadtteil Neukölln mit ihrem Zuwandereranteil von 80 Prozent die weiße Fahne der Kapitulation hisste, war das Thema „Migranten und Schule“ in aller Munde. Seitdem hat es wahrlich nicht an visionären Reden oder aufrüttelnden Essays gefehlt. Das Problem ist nur: Es wird viel geredet – aber praktisch immer noch nichts getan. Alle Probleme der Migrantenkinder liegen auf dem Tisch. Aber die reale Situation an den Schulen verschlechtert sich tagtäglich.

Es ist schon beeindruckend, was „seit Rütli“ alles in Bewegung geraten ist: Der Innenminister hat einen viel gelobten Integrationsgipfel abgehalten. Die Bildungsministerin will ein „Bündnis für Integration“ an Brennpunktschulen, und die Migrationsbeauftragte der Regierung wünscht sich einen „nationalen Aktionsplan zur besseren Integration“. Das, Pardon, Perverse daran ist leider: Alle diese Minister agieren auf Bundesebene. Für die Bundesländer jedoch fällt – außer vielen warmen Worten – kein Cent für konkrete Hilfen ab.

Das ist schon ein starkes Stück, wenn man bedenkt, wofür Migranten und ihre Kinder an deutschen Schulen inzwischen alles verantwortlich gemacht werden: Der erste nationale Bildungsbericht schob ihnen quasi die Alleinschuld für die Schulmisere zu. Türkischstämmige Kinder etwa landen zur Hälfte im Kellergewölbe des Schulsystems: 20 Prozent verlassen die Schulen ohne Abschluss, 40 Prozent kriegen keine Lehrstelle. Niemand, auch nicht Landesschulminister, bestreiten diese Zahlen. Die Frage ist: Warum helfen sie nicht?

Es kann schnell gefährlich werden, wenn es immer nur beim unverbindlichen Migrations-Blabla bleibt. Das kann man derzeit in Berlin erleben: Dort prügelte eine Handvoll halbstarker Teenager „mit Migrationshintergrund“ bei einer Schulparty einen Polizisten krankenhausreif, unter anderem mit einer Eisenstange. Schon macht sich eine unverhohlene „Jetzt reicht’s aber“-Stimmung breit. Wortführer sind der Rektor des betroffenen Gymnasiums und die lokale Tageszeitung, die einmal viel auf ihre liberalen Tugenden hielt. Ihr neues Motto: Genug gequatscht. CHRISTIAN FÜLLER