randnotizen aus dem us-wahlkampf (5)
: Eine letzte Welle von Schmutzkampagnen

Es ist das letzte Wochenende vor den Kongresswahlen am Dienstag, und die Fernsehzuschauer in den USA müssen sich auf eine letzte Welle politischer Werbespots einstellen. Rund 600 neue Spots haben die Wahlkampfzentralen der Parteien und Kandidaten noch einmal geschaltet, um die Wähler auch tatsächlich an die Wahlmaschinen zu bringen.

Dabei muss, wer sich die Spots ansieht, das Gefühl bekommen, dass der nächste Kongress der Vereinigten Staaten eine Ansammlung von dubiosen Gestalten mit zweifelhaften Wertvorstellungen, kriminellem finanziellem und zweifelhaftem sexuellem Gebaren sein wird, ganz egal, wie das Parlament zusammengesetzt sein wird. „Negative Ads“, also Wahlkampfspots, die vor allem die Integrität des politischen Gegners angreifen, bestimmen den Bildschirm.

In Kaliforniens 50. Distrikt etwa, wo der bisherige republikanische Abgeordnete Mark Cunningham im November vergangenen Jahres wegen Betrug und Bestechung verurteilt wurde und zurücktreten musste, beharken sich Cunninghams Nachfolger, der Republikaner Brian Bilbray und seine demokratische Herausforderin Francine Busby, bis aufs Messer. „Wir brauchen nicht noch einen Abgeordneten im Knast“, ließ Busby die Wähler wissen – substanzielle Vorwürfe gegen Bilbray hat sie nicht, aber Spots, die ihn in einem Atemzug nennen mit Cunningham, dem verurteilten Lobbyisten Jack Abramoff und dem angeklagten früheren republikanischen Sprecher Tom Delay. Bilbray wehrt sich nach Kräften, klagt über eine Schmutzkampagne – und führt.

Unterdessen wieder aus der selbst gewählten Versenkung aufgetaucht ist Präsident George W. Bush. Am Wochenende wird auch er sich auf eine Wahlkampftour begeben – allerdings wird er tunlichst all jene Staaten meiden, in denen die Wahl für die Republikaner eng geworden ist. Denn die republikanischen Kandidaten, die alles unternommen haben, um das Thema Irak entweder zu vermeiden oder aber Distanz zu Bush aufzubauen, legen keinerlei gesteigerten Wert auf plötzliche Auftritte ihres Problems. So tritt Bush dort auf, wo die Mehrheiten für die Republikaner eigentlich klar sind und es nur darum geht, die Stammwähler tatsächlich in die Wahllokale zu locken. Die Strategie dahinter scheint den Mainstream-Medien klar zu sein: Die Republikaner haben sich damit abgefunden, dass sie große Verluste erleiden werden – jetzt geht es darum, ein völliges Desaster zu verhindern.BERND PICKERT