Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Unter dem Titel „Begierde und Schrecken“ veranstaltet das Babylon Mitte in der Zeit vom 18. bis 27. 7. ein Stummfilm-Orgel-Festival: Die Organistin Anna Vavilkina wird die ausgewählten Werke live an der Kino-Orgel interpretieren. Eröffnet wird mit dem Schwank „Eine tolle Nacht“ (1926) von Richard Oswald, in dem ein Fabrikant aus der Provinz bei seinen Abenteuern in Berlin auf die überaus freche Komödiantin Ossi Oswalda trifft. Weniger lustig geht es hingegen in Robert Wienes psychologischem Horrorfilm „Orlacs Hände“ (1924) zu: Conrad Veidt verkörpert einen berühmten Pianisten, der nach einem schweren Eisenbahnunglück die Hände eines vermeintlichen Raubmörders transplantiert bekommt und anschließend fühlt, wie diese beginnen, nach Verbrechen zu gieren. Ausgesprochen expressiv gestaltet Veidt die Rolle des seelisch Zerrissenen, während die Bildgestaltung kongenial das Düster-Unheimliche der Geschichte unterstützt. (Eine tolle Nacht, 18. 7.; Orlacs Hände, 22. 7., Babylon Mitte)

Ein klassischer Paranoia-Thriller, der Detektivfilm und das psychologische Porträt eines Call-Girls miteinander verbindet: In „Klute“ (R: Alan J. Pakulas, 1971) spielt Jane Fonda die Prostituierte Bree Daniels, die von einem psychisch gestörten Mörder bedroht wird, dem wiederum Donald Sutherland als Detektiv Klute auf der Spur ist. Fonda bereitete sich auf die Rolle der Bree penibel vor, verbrachte dazu zwei Wochen mit Prostituierten in Bars und Bordellen und wälzte sich bei der Polizei durch die Karteien mit weiblichen Gewaltopfern. Als Folge dieses „Einlebens“ in ihre Figur konnte Fonda viele Dialoge improvisieren, darunter auch die berühmten Gespräche Brees mit einer Psychologin, in denen das Call-Girl einerseits von seiner Selbstsicherheit im Umgang mit den Kunden und andererseits von seiner völligen Hilflosigkeit im Umgang mit echten Gefühlen berichtet. Für ihre Darstellung gewann Fonda den Oscar. (18.–21. 7., Regenbogen-Kino)

Hayao Miyazaki hat seinen Ruhestand angekündigt, mit „Wie der Wind sich hebt“ erreicht jetzt der voraussichtlich letzte Film des 73-jährigen Animationsfilmers die Kinos, der in der fiktionalisierten Biografie eines Flugzeugkonstrukteurs noch einmal den Zusammenhang von Natur, Technik und menschlichen Gefühlen beleuchtet, für den sich Miyazaki seit jeher interessiert. So in „Porco Rosso“ (1992), seinem bis dato persönlichsten Film, den das Moviemento in einer kleinen Reihe mit Filmen aus dem berühmten Studio Ghibli spielt: Obskure Flugmaschinen, ein in ein Schwein verwandelter italienischer Flieger und unabhängige Frauen wie die Flugzeugkonstrukteurin Fio machen die Faszination dieser melancholischen Actionkomödie aus. (22. 7., Moviemento 2)