„Wir kaufen nicht wahllos“

WOHNUNGSMARKT Die Gewoba will keine verfallenden Hegdefonds-Immobilien kaufen und sanieren, es sei denn, diese gefährden ihren eigenen Bestand, so Vorstand Manfred Sydow

■ 55, ist Diplom-Ökonom und seit 2003 im Vorstand der größten Bremer Wohnungsbaugesellschaft Gewoba.

INTERVIEW CHRISTIAN JAKOB

taz: Bremen wird es in Zukunft immer schwerer haben, junge Leute anzulocken. Für sie gibt es nicht genügend Wohnungen. Was tut die Gewoba?

Manfred Sydow: 70 Prozent unserer Wohnungen haben drei Zimmer. Sie wurden in der Nachkriegszeit für den traditionellen Familientyp gebaut. Den gibt es immer seltener und deshalb fehlen in der Tat viele Ein- und Zweiraumwohnungen. Wir ergänzen unseren Bestand deshalb seit Jahren auch in diesem Segment. Außerdem bieten wir verstärkt Dreiraumwohnungen für Wohngemeinschaften an.

Wo denn zum Beispiel?

Schon vor einigen Jahren haben wir verschiedene Quartiersentwicklungsmaßnahmen gestartet. Dazu haben wir Wohnungen vom Markt genommen, etwa in Osterholz-Tenever, Lüssum oder Bremerhaven. Die Freiflächen wollen wir entsprechend den Bedarfen in den Quartieren nutzen, das kann zum Beispiel die Zuführung zu einer neuen Bebauung oder Nutzung sein, alles andere wäre keine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik.

Sie haben nun angekündigt, dazu in den nächsten fünf Jahren 64 Millionen Euro zu investieren, 500 neue Wohnungen sollen entstehen. Der Linkspartei geht das nicht weit genug. Sie möchte, dass die Gewoba verfallende Wohnhäuser von Hedgefonds aufkauft und saniert.

Die Tendenz der Aussage ist richtig. Die Hedgefonds vernachlässigen ihren Bestand. Wir investieren jährlich 25 Euro je Quadratmeter in unsere Wohnungen, die Hedgefonds nicht mal zehn. Mehr gestatten deren Anteilseigner nicht, denn das würde die kurzfristige Rendite schmälern. Trotzdem können wir nicht wahllos verfallende oder leer stehende Häuser in der Stadt kaufen.

In Tenever tun Sie das doch auch.

Wir sind daran interessiert, zwei Objekte in der Neuwieder Straße zu kaufen. Das sind die letzten Immobilien dort, die nicht uns gehören. Das tun wir, weil durch die schlechte Investitionspolitik der jetzigen Eigentümer ein Krisenherd entsteht, der auf unsere Investitionen negativ zurückschlägt.

Das ist ja schon länger so. Warum haben Sie sich das so lange angesehen?

Die Eigentümerstruktur ist sehr kompliziert, sodass es uns zurzeit nicht möglich ist, entsprechende Gespräche aufzunehmen.

Wenn Sie da trotzdem zugreifen – warum machen Sie nicht das Gleiche in anderen Stadtteilen?

Die nachhaltige Weiterentwicklung unseres Bestands ist unsere erste Priorität. Deswegen kaufen wir Schrottimmobilien nur, wenn sie negative Auswirkungen auf unsere Quartiere haben und wie ein fauler Apfel im Korb die gesunden Äpfel anstecken. Das ist bei den Hedgefonds-Immobilien nicht immer der Fall.

Sie sagten doch selbst, dass die ihren Bestand vernachlässigen.

„Die Tendenz der Aussage ist richtig: Die Hedgefonds vernachlässigen ihren Bestand.“

Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Häuser vollkommen verwahrlosen oder gar leer stehen. Die sind nur in schlechterem Zustand als unsere Bestände. Außerdem stehen den Hedgdefonds teilweise nicht die Mittel zur Verfügung, um nachhaltige Wohnungspolitik zu machen. Darüber zu urteilen, ob das zu einem Zustand führt, in dem die Wohnungen nicht mehr vermietbar sind, da wäre ich sehr vorsichtig. Hinzu kommt, dass das eine Ressourcenfrage ist.

Wollen Sie damit sagen, dass Sie eine Sanierung neuer Immobilien nicht bezahlen könnten?

Wir müssen uns genau überlegen, wo wir unsere begrenzten Mittel investieren. Energetische Modernisierung und Neubau sind eine Sache, wir wollen aber auch in unsere sozialen Projekte investieren, um unsere Quartiere nicht nur marktfähig, sondern auch integrativ zu gestalten.

Wie muss man sich diese Sozialprojekte vorstellen?

Das sind beispielsweise Projekte zur Beratung und Unterstützung unserer älteren Mieter oder der Einsatz von Nachbarschaftsmanagern, die zur Stabilisierung der Nachbarschaften beitragen.