Absolute Mehrheit: SPD stürzt CDU

ERGEBNISSE Erste Hochrechnungen: Die SPD holt bei den Bürgerschaftswahlen die absolute Mehrheit. Spitzenkandidat Olaf Scholz kann allein regieren. Die CDU stürzt historisch ab. FDP und Linke im Parlament

VON EVA VÖLPEL

Die SPD hat die Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft deutlich mit einer absoluten Mehrheit gewonnen: Nach ersten Hochrechnungen des ZDF von 20.28 Uhr erreichte die Partei am Sonntag 48,9 Prozent. „Das ist ein sehr, sehr beeindruckendes Wahlergebnis“, kommentierte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz den Wahlausgang. „Mir haben die Bürger und Bürgerinnen ihr Vertrauen geschenkt, das nehme ich sehr ernst. Wir werden das, was wir vor der Wahl gesagt haben, auch tun“, versprach Scholz. Er unterstrich, dass die SPD für eine pragmatische, auf Wirtschaft und sozialen Ausgleich ausgerichtete Politik stehe.

Der große Verlierer des Abends, Noch-Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU), räumte hingegen eine „herbe Niederlage“ ein: „Diese Stunde ist schmerzhaft für die CDU, sie reißt uns in Ratlosigkeit.“ Für die Christdemokraten endete der Sonntag in einem Debakel. Die Partei stürzte laut ZDF auf 21,5 Prozent ab. Sie halbierte damit ihren Stimmenanteil und fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit Kriegsende ein. 2008 erreichten die Christdemokraten noch 42,6 Prozent.

Die Sozialdemokraten legten im Vergleich zur Bürgerschaftswahl 2008 hingegen gleich um 14,8 Prozentpunkte zu und eroberten nach zehn Jahren in der Opposition ihre einstige Hochburg zurück. Damit wird Scholz Erster Bürgermeister der Hansestadt. Weil die SPD die absolute Mehrheit errang, kann er Hamburg künftig ohne einen Koalitionspartner regieren.

Die Grün-Alternative-Liste (GAL) wird laut Hochrechnung mit 11,2 Prozent drittstärkste Partei. Sie verbessert sich geringfügig um 1,6 Prozentpunkte. Die Linke erreichte 6,1 Prozent. 2008 erhielt sie 6,4 Prozent. Auch die FDP schaffte mit 6,6 Prozent den Einzug in die Bürgerschaft. 2008 war sie mit 4,8 Prozent Wählerstimmen knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert.

Für die Bundes-CDU räumte deren Generalsekretär Hermann Gröhe gleichfalls eine „schwere Niederlage“ ein. Er war aber bemüht, das Wahlergebnis auf „lokale Gegebenheiten“ zurückzuführen. Gröhe warf den Grünen vor, sich in Hamburg mit dem Aufkündigen der schwarz-grünen Koalition aus der Verantwortung gestohlen zu haben.

Seit Wochen hatte sich ein deutlicher Wahlsieg von Scholz, ehemaliger Bundesarbeitsminister, und der SPD abgezeichnet. Die GAL hatte jedoch bis zuletzt auf eine rot-grüne Koalition gehofft. Jetzt muss sie sich vom Regieren verabschieden.

Knapp zweieinhalb Jahre hatte – zum ersten Mal auf Landesebene – eine schwarz-grüne Koalition die Geschicke an der Elbe bestimmt. Sie scheiterte mit einem zentralen Projekt, der Schulreform, am Widerstand der BürgerInnen. Während Schwarz-Grün eine sechsjährige Primarschule durchsetzen wollte, bei der Kinder länger gemeinsam lernen, organisierte eine Bürgerinitiative den Protest – und stoppte das ambitionierte Projekt mit einem Volksentscheid am 18. Juli. Am gleichen Tag kündigte Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) seinen Rücktritt an. Von Beusts Nachfolger wurde Christoph Ahlhaus, der bis dahin Innensenator in der schwarz-grünen Regierung war. Nachdem von Beust, Architekt von Schwarz-Grün, das Rathaus verlassen hatte, knirschte es zwischen Union und Grünen an immer mehr Stellen, bis die Grünen schließlich im November 2010 ganz aus der Koalition ausstiegen.

Aufgrund eines neuen, komplizierten Wahlsystems (siehe Text unten) lagen die ersten Hochrechnungen am Sonntag erst spät vor. Rund 1,3 Millionen Hamburger waren seit den frühen Morgenstunden aufgerufen, an die Urnen zu gehen und neben dem Landesparlament auch noch die Kommunalvertretungen (Bezirksversammlungen) zu bestimmen. Die Wahlbeteiligung fiel mit etwa 59 Prozent noch geringer aus als bei der letzten Wahl 2008 und ist die niedrigste seit 1946. 2008 waren 63,5 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen.