„Ein bisschen googeln“

ABSTINENZ Der Journalist Christoph Koch berichtet von seinem Selbstversuch, ohne Internet zu leben

■ 36, ist Journalist und Autor. Er lebt in Berlin.

taz: Ihr Buch wurde viel beachtet – aber doppelt geschrieben...

Christoph Koch: Ja, ein Kollege von der Süddeutschen hat das gleiche Experiment gemacht. Wir wussten erst nichts voneinander. Die Verlage haben das dann herausgefunden und es gab ein Rennen. Am Ende sind beide am selben Tag erschienen. Worin bestand das Experiment?

Nach einem Umzug hatte ich kurz kein Internet. Das hat mich rasend gemacht, beruflich wie privat. Ich bin ständig ins Internetcafe gerannt. Da habe ich mich gefragt, wie kann sich so ein Verhalten so schnell entwickeln? Solange gibt es das Netz ja noch gar nicht. Als mich die Telekom wieder verkabelte hatte, habe ich mich entschlossen, sechs Wochen zu verzichten, ebenso wie auf das Handy.

Und wie war’s?

Ich bin freier Journalist, das war schon hart, da kommt kaum etwas rein. Manche Kunden waren nett, die haben ein Auge zugedrückt. Aber dauerhaft wäre das in dem Job nicht machbar gewesen.

Und privat?Ich habe zu der Zeit eine Fernbeziehung geführt und meiner Freundin jeden Tag eine Postkarte geschrieben. Die kamen sehr gut an bei ihr. Und die guten Freunde haben auch angerufen, wenn es etwas gab, was alle sonst nur per E-Mail erfahren.

Das klingt erstaunlich unproblematisch...

Ja, es gab nichts, was mir vollkommen verwehrt gewesen wäre. Manches hat allerdings länger gedauert oder war teurer. Aber aber dafür vertrödelt man längst nicht so viel Zeit wie sonst mit hier ein bisschen klicken oder da ein bischen googlen. Aber das ist ja nicht die Schuld des Internets.Konsumieren Sie jetzt wieder genauso wie vorher?

Bei den meisten Sachen bin ich wieder in sehr ähnliche Konsummuster verfallen, wie dieses ständige Abgrasen von Facebook, Spiegel-Online oder Ebay, oder das heimliche tippen von E-Mails während man telefoniert. Nach den sechs Wochen hatte ich 1024 ungelesene Mails. Ich habe kurz überlegt, sie ungesehen zu löschen, aber mich dann doch nicht getraut und sie durchgesehen. Ein Spaß war das nicht. Und nur 24 waren noch relevant.

Interview: Christian Jakob

20 Uhr, Stadtbibliothek