…WAS MACHT EIGENTLICH ... Roman Herzog?
: Über die Berliner herziehen

Von Klaus Wowereits Slogan „Arm, aber sexy“ scheint Bundespräsident a. D. Roman Herzog gar nichts zu halten. Seiner Meinung nach – kundgetan in einem Zeitungsinterview am Samstag – hat Berlin bis heute, 17 Jahre nach der Wende, keine wirkliche Anziehungskraft entwickelt. Schlimmer noch: Die legendäre Berliner Schnauze sei einem lethargischen Jammern und Leiden gewichen. Statt meckernder Dumpinglohnempfänger wünscht sich Herzog „eine kulturell pulsierende Stadt mit einer Bevölkerung, die so etwas von der WM-Fanmeile hat“.

Herzog hat gut reden. Einst war er Staatsoberhaupt – das reicht als Reputation für eine Klatsche wie diese. Von dieser Pflicht entbunden, hat der 72-Jährige genügend Kapazität, das marode Berlin zu beraten. Sein Ratschlag: Grundlage des Aufschwungs ist die Kultur. „Da hat die Stadt wirklich etwas zu bieten“, weiß Herzog. Sein Patentrezept: weniger Selbstmitleid und mehr Witz. Statt ewig zu heulen, müsse die berühmte Berliner Fröhlichkeit zurückkehren.

Herzog hat noch aus einem anderen Grund gut reden: Fernab vom vermeintlichen Jammertal der Resignierten lebt er mit seiner zweiten Gattin, Alexandra Freifrau von Berlichingen, in der baden-württembergischen 1.500-Seelen-Ortschaft Jagsthausen auf einer Burg. Hier scheint für Herzog die Welt noch in Ordnung. „Das meiste, was von Berlin an mich herangetragen wird, lässt sich telefonisch erledigen“, sagt er. Na wenn’s so ist: Legen Sie los, Herr Expräsident, und vertreiben Sie die Jammerei! ng FOTO: AP