LESERINNENBRIEFE
:

Hungerstreik in Griechenland

■ betr.: „Lehren aus Lampedusa“, taz vom 19. 2.11, „Griechenland: Einwanderer weiten Hungerstreik aus“, taz vom 9. 2. 11

Vergeblich habe ich den Namen von Nadja Hirsch, FDP, unter der Solidaritätsadresse der 37 Europaparlamentarier vom 18. 2. 2011 für die 300 Migranten im Hungerstreik in Athen und in Thessaloniki gesucht. Hier hätte sie die Gelegenheit gehabt, aktiv einzugreifen in die Migrationspolitik ihrer Regierungspartei.

Inzwischen sind 27 Tage Hungerstreik vergangen, die Solidarität untereinander und die Entschlossenheit der Streikenden haben nicht abgenommen, aber täglich wächst die Gefahr, dass diese unsere Mit-Menschen noch mehr Schaden erleiden. Was muss noch alles passieren, dass die Verantwortlichen in Griechenland und in Europa sich endlich entschließen, als Solidargemeinschaft im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonventionen und der Charta der Menschenrechte zu handeln! „Wir sind Migrantinnen und Migranten aus ganz Griechenland. Wir kamen hierher, vertrieben von Armut, Arbeitslosigkeit, Kriegen, Diktaturen. … Wir kamen nach Griechenland (mit regulärer Einreise oder ohne), um zu arbeiten und um uns und unsere Kinder zu ernähren. Wir befinden uns in unwürdigen Zuständen und im Dunkel der Illegalität, damit die Arbeitgeber und die staatlichen Institutionen von der brutalen Ausbeutung unserer Arbeit profitieren. Wir leben von unserem Schweiß und mit dem Traum, eines Tages gleiche Rechte mit unseren griechischen Kollegen zu bekommen.“ Aus dem Aufruf der Streikenden am 25. 1. 2011

DOROTHEE VAKALIS, Pfarrerin i. R., Thessaloniki, Freiburg

Keine Einwanderungsländer

■ betr.: „Lehren aus Lampedusa“, taz vom 19. 2. 11

Europäische Staaten wie Deutschland sind keine Einwanderungsländer mit entsprechenden Verfahren für eine Zuwanderungssteuerung, wie das die USA, Kanada oder Australien traditionell sind. Auch deshalb gibt es hier bis jetzt keine Regelungen und keine Kontingente für Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen wollen, weil sie hier leben und arbeiten wollen. Wer das ändern will, wie offensichtlich die FDP, sollte dies nicht mit Fachkräftemangel begründen. Dieser kann behoben werden, in dem man unsere maroden Schulen saniert, ein gerechtes Bildungssystem schafft und bei uns lebende ausländische Ärzte, Ingenieure und andere Akademiker nicht dazu zwingt, Taxi zu fahren, nur weil ihr Hochschulabschluss hier nicht anerkannt wird. Ohne solche Maßnahmen wird der Zuzug von noch mehr Menschen aus dem Ausland kontraproduktiv für das Zusammenleben in unserem Land sein. Wenn immer mehr Menschen ins Land kommen, ohne dass die Politik mehr für ihre Integration tut, treibt man die Mehrheit der Deutschen in die Arme von Leuten wie Sarrazin. Das will ja wohl keiner. HARTMUT GRAF, Hamburg

Rassismus ist keine Meinung

■ betr.: „Nazis in Dresden gestoppt“ u. a., taz vom 21. 2. 11

Am vergangenen Wochenende war in Dresden – mal wieder – in der gesamten Stadt Ausnahmezustand, da Rechtsextremisten das halbe Stadtgebiet für sich reservieren und ihre „freie Meinung“ äußern durften. Dafür wurden an diesen beiden Tagen mehrere tausend Polizisten, samt Hubschraubern und Drohnen in der Stadt positioniert. Gegendemonstranten – ein breites Bündnis aus Demokraten sämtlicher politischer Lager – wurden massiv behindert zu eigenen genehmigten Kundgebungen oder Mahnwachen zu gelangen.

Es ist erschreckend zu sehen, welch enormer Aufwand betrieben wird, um menschenverachtendem und geschichtsrevisionistischem Gedankengut in Form von scheinheiligen „Trauermärschen“ einen Raum zu geben. Bei dem schnellen Ruf nach Meinungs- und Versammlungsfreiheit – welcher auch den Neonazis zugestanden werden müsse – wäre eine Diskussion über die Definition von „Meinung“ notwendig. Nicht jede Aussage gilt per se als „Meinung“ und daher in einem demokratischen Rechtsstaat als schützenswert, zumal dann nicht, wenn diese Aussagen schlicht falsch, geschichtsrevisionistisch und massiv rassistisch sind. Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Des Weiteren ist es eine erschreckende Haltung der sächsischen Justiz, den Naziaufmarsch im Februar in Dresden bereits als Normalität anzusehen. Es wurden für dieses Wochenende drei Kundgebungen der Faschisten genehmigt, hingegen Kundgebungen und Mahnwachen u. a. der Technischen Universität sowie des DGB untersagt. Was ist los in den Dresdner Gerichten? Es wird höchste Zeit, dass die gerichtlichen Entscheidungen der letzten Tage zu einer gesamtdeutschen politischen Debatte führen. Der Dresdner Naziaufmarsch ist kein Lokalproblem und lässt sich auch nicht als „Ostding“ abtun. Solche Zustände, wie wir sie gestern und am vergangenen Wochenende in Dresden geboten bekommen haben, sind nicht hinnehmbar!

PIA BARKOW, Dresden