„Wir sind nicht auf Krieg gebürstet“

ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, 51, über ehrgeizige Neuproduktionen und das nicht immer einfache Verhältnis des Zweiten zur öffentlich-rechtlichen Konkurrenz

taz: Herr Bellut, auf „2030“ folgt Mitte März „2057“. Wird das wieder ein Schocker für uns Alte von Morgen??

Thomas Bellut: Nein, 2030 war ja Fiction. 2057 ist mehr Doku, entstanden in enger Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten. Wir wollen in drei Szenarien – Kommunikation und Verkehr, Medizin und Gesundheit, Energie und Technik – zeigen, wie unsere Welt dann aussehen könnte. Da ist uns etwas Herausragendes gelungen.

Ist das die Trendwende im bisher geschichtsverliebten ZDF-Programm? Guido Knopp hat ja alles mit „H“ durch.

Die NS-Zeit ist sicherlich ausführlich betrachtet worden. Wir blicken in die Zukunft. Aber wir machen auch weiter historische Stoffe, über China zum Beispiel. 2007 laufen „Die Mauer“ und „Die verbotene Stadt“.

Trotz des Erfolgs von „2030“: Dem ZDF fehlen junge Zuschauer. Auch der ARD-Vorsitzende Fritz Raff beklagt, sein Laden habe die Kompetenz für junge Zielgruppen verloren.

Es ist immer gut, selbstkritisch zu sein.

Und sonst sehen Sie die Lage bei der ARD nach der Jauch-Absage mit Schadenfreude?

Nein, da maß ich mir kein Urteil an. Ich hatte lediglich in der Vergangenheit beklagt, dass die ARD gezielt versucht hat, ZDF-Programme zu torpedieren. Wenn die ARD jetzt Anfang März ihren Zweiteiler „Die Flucht“ zeigt, senden wir Wiederholungen. Nicht nur weil ich ein guter Mensch bin, sondern weil es auch ökonomisch Unsinn wäre, da „frisches“ Programm dagegenzusetzen. Und ich kann nur hoffen, dass das auch bei der ARD so ist. Wir sind nicht auf Krieg gebürstet. Das Verhältnis zwischen ARD und ZDF ist besser geworden.

Dass die umstrittene Vorverlegung der „Tagesthemen“ auf 22.15 Uhr gefloppt ist, freut Sie aber doch, oder?

Ja. Denn da sollte ja nicht nur das „heute journal“, sondern der gesamte späte Abend des ZDF attackiert werden. All das hat aber nicht funktioniert. INTERVIEW: STG