TROTZ SPD-KOMPROMISS: DAS ENDE DER STEINKOHLE IST ENDGÜLTIG
: Comeback nur an der Börse

Die große Koalition hat eine große Entscheidung getroffen: Das Ende der Steinkohle-Förderung im Jahre 2018, von CDU/CSU und SPD abgesegnet, ist ein historischer Einschnitt. Der Bergbau gehört zum Gründungsmythos des Ruhrgebiets und zur Ideologie des „Wirtschaftswunders“ der alten BRD.

Die Milliardensubventionen für die Maloche unter Tage waren für Neoliberale und Ordnungspolitiker ein beliebtes Angriffsziel. Nach einer jahrzehntelangen Kampagne haben die Kohlegegner nun ihr Ziel erreicht. Würden sie mit dem gleichen Eifer eine Kampagne gegen die Landwirtschaftssubventionen starten, gäbe es in diesem Land wohl demnächst keine Bauernhöfe mehr.

Dass die SPD in den Kohleausstiegsbeschluss einen typisch sozialdemokratischen Formelkompromiss reinverhandelt hat, mildert diese gravierende Entscheidung nur geringfügig ab. 2012 gibt es keine wirkliche „Option“ auf eine „Revision“ des Förderstopps. Wegen des grundsätzlich beschlossenen Bergbau-Tods müssen in den nächsten Jahren Zechen geschlossen und Sozialpläne für die derzeit noch 34.000 Kohlekumpel entworfen werden. Den Bergleuten nun auch nur vage Hoffnungen auf ein Comeback zu machen, wie es die SPD tut, ist unverantwortlich. Dass ausgerechnet der CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der mit dem Image eines Sozialpolitikers kokettiert, den Ausstieg vorantreibt, ist entlarvend. Auch wenn er Sozialverträglichkeit verspricht: Im Ruhrgebiet und im Saarland wird es soziale Härten geben.

Gewinner des politischen Machtkampfs um die Kohle ist ein Expolitiker. Der frühere Bundeswirtschaftsminister und jetzige RAG-Chef Werner Müller wird in den nächsten Monaten wohl sein Ziel erreichen, die ehemalige Ruhrkohle AG an die Börse zu bringen. Bei den Verhandlungen über die Spätfolgen der Steinkohle darf die Politik aber keine Zugeständnisse machen. Es ist zwar in Ordnung, dass Müller einen profitablen DAX-Konzern schaffen will. Aber es darf nicht dazu kommen, dass die Altlasten des Bergbaus weitgehend sozialisiert – und die Zukunftschancen des Essener Energiekonzerns kapitalisiert werden. MARTIN TEIGELER