„Die Stundensätze sind viel zu niedrig“

REGULIERUNG Putzagenturen wecken das Interesse der Öffentlichkeit an Reinigungsdienstleistungen. Für eine soziale Gestaltung des Sektors aber müssten sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen werden

■ ist Professorin am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Universität Hildesheim. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählt Familien- und Sozialpolitik.

taz: Frau Scheiwe, können wir den Vermittlungsagenturen dankbar sein? Schließlich gehen jetzt durch sie mehr Putzkräfte legal putzen.

Kirsten Scheiwe: Grundsätzlich ist es gut für die Beschäftigten, dass ihre Arbeit durch die Agenturen mehr in die Öffentlichkeit kommt. Die Stundensätze der Portale sind jedoch viel zu niedrig. Denn die Reinigungskräfte werden hier nicht als ArbeitnehmerInnen beschäftigt, sondern als Selbständige, die davon auch komplett ihre eigene Sozialversicherungen bezahlen müssen. Das Problem der geringen Bezahlung stellt sich für Arbeit im Privathaushalt aber generell, egal ob es sich um Putzen, Altenpflege oder Haushaltsführung handelt.

Also müssen die Agenturen ihren Reinigungskräften eigentlich nur mehr zahlen?

Ja, die Löhne gehören angehoben. Allerdings stellt sich die Frage, wie viel Privathaushalte bereit sind zu zahlen. Ist der Stundenlohn der Agenturen zu hoch, steigt die Gefahr, dass die Haushalte doch wieder eher den Putzdienst auf dem Schwarzmarkt kaufen.

Sollte der Staat Haushaltsdienstleistungen wie putzen daher subventionieren, damit solche Arbeit billiger wird?

In gewisser Weise geschieht das schon jetzt, weil die Kosten von Haushaltshilfen steuerlich absetzbar sind. Auch die sogenannten Minijobs mit höchstens 450 Euro monatlichen Verdienst sind bei den Sozialabgaben privilegiert. Das hält die Preise künstlich niedrig. Sinnvoller wäre es, besser bezahlte, sozialversicherungspflichtige Jobs in der Hauswirtschaft zu schaffen. Dann könnten die Sozialversicherungsbeiträge teilweise staatlich unterstützt werden.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Zum Beispiel gibt es das Haushaltsscheckmodell. Das wurde in Frankreich und Belgien bereits eingeführt und auch in Deutschland kurzzeitig in den 1990er Jahren getestet.

Wie funktioniert dieses Modell?

Die Reinigungskräfte werden ebenfalls durch Agenturen vermittelt, sind aber als ArbeitnehmerInnen angestellt, was teilweise öffentlich gefördert wird. So werden die Stundenlöhne bezahlbar für die Privathaushalte – und die Beschäftigten haben zugleich eine bessere soziale Absicherung. INTERVIEW: LF