Blanker Zynismus

betr.: „Schily verteidigt sich – und Steinmeier“, taz vom 29. 1. 07

Vielleicht fällt ja wenigstens der taz langsam mal auf: Zur öffentlichen Erregung und zur Untragbarkeit Steinmeiers als Außenminister reicht es alle mal aus, wenn der einräumt, über die Unschuld von Kurnaz unterrichtet gewesen zu sein! Wo bitte soll das hinführen, wenn ein in Rauschgiftgeschichten verwickelter Deutscher, ob nun aus Leichtsinn oder mit tatsächlicher krimineller Energie, mehr Einsatz des Staates erwarten darf, als jemand, der unschuldig in einem US-Gefangenenlager einsitzt?

Wenn die Hoheitsaufgaben des Staates unteilbar sind, dann hat der Bürger auch das Recht, auf dessen Schutzfunktionen ihm gegenüber zu vertrauen. Wenn Steinmeier oder jüngst Schily (welche Fee hat diesen ehemaligen RAF-Anwalt, und damit zwangsläufig vom liberalen Rechtsverständis argumentieren müssenden, in die fleischgewordene staatliche Unfehlbarkeit verwandelt?) den türkischen Pass, ein fehlendes „Angebot“ zur Freilassung von Kurnaz oder die historischen Umstände ins Feld führen, ist das blanker Zynismus. Das landet in der Konsequenz in einem System, wo Rechtsansprüche auf „persönliche Eignung“ der Betroffenen gegründet sind.

INGO WITZMANN, Berlin