Hedgefonds sollen an die lange Leine

Konkrete Auflagen für die hochspekulativen Geldanlagen sind international bisher nicht durchsetzbar. Deshalb startet die Bundesregierung nun eine Initiative für freiwillige Selbstkontrollen und schlägt einen Verhaltenskodex vor

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung will einen neuen Anlauf machen, Hedgefonds unter Kontrolle zu stellen. Dafür warb Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) auf dem ersten Treffen der europäischen Wirtschafts- und Finanzminister unter deutscher EU-Präsidentschaft. Dabei will er allerdings nur kleine Brötchen backen. „Wir reden nicht über Regulierung“, sagte er am Dienstag nach Abschluss der Tagung in Brüssel. „Wir reden über eine größere Kooperation, einen größeren Austausch, um Risiken zu vermeiden.“

Das Ministerium hatte zuvor einen freiwilligen Verhaltenskodex für Hedgefonds ins Gespräch gebracht, eventuell kombiniert mit einer Art Gütesiegel, das von Rating-Agenturen ausgestellt werden könnte. Konkrete Auflagen oder eine Meldepflicht scheinen damit erst mal vom Tisch zu sein. Die USA und Großbritannien lehnen sie ohnehin als überflüssige Einmischung in die freien Finanzmärkte ab.

Hedgefonds sind meist in Steueroasen ansässig und werden von keiner Finanzmarktaufsicht kontrolliert. Eine unvorstellbar riesige Summe von 1,2 Billionen US-Dollar sollen in diesen Fonds angelegt sein, die vor allem mit Aktien, Devisen oder Rohstoffen spekulieren. Oft investieren sie dabei in sogenannte Derivate, hochspekulative Finanzprodukte wie Options oder Swaps – und das auch noch oft auf Pump. Das macht sie so riskant: Gehen die Geschäfte schief, könnte in einer Kettenreaktion das internationale Finanzsystem ins Wackeln geraten.

1998 wäre es beinahe so weit gewesen, als der berüchtigte Hochrisikofonds LTCM vor der Pleite stand und nur mit internationaler Kraftanstrengung gerettet werden konnte. Jetzt aber argumentieren die Amerikaner, das Risikomanagement sei doch viel besser geworden. Sie verweisen dabei auf den Amaranth-Hedgefonds. Als der sich im Herbst mit Erdgas verspekulierte und ins Trudeln kam, sei doch gar nichts Schlimmes passiert. Die Bundesbank aber sieht den Fall Amaranth gerade als Beleg dafür, dass eine bessere Kontrolle notwendig ist.

Die Finanzierung auf Pump ist ein Problem, das außer den Hedgefonds auch einer anderen in die Kritik geratenen Anlageart eigen ist, nämlich den Private-Equity-Fonds. Diese Fonds kaufen Firmen auf, um sie später wieder mit Gewinn abzustoßen. Häufig nehmen sie riesige Kredite auf, um ihre Anleger auszuzahlen – inklusive einer satten Rendite. Die Schulden lasten sie den übernommenen Firmen auf.

Die Finanzwächter wissen erschreckend wenig darüber, wie hoch die Gefahr bei diesen kreditfinanzierten Deals ist. Das hat der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, gerade erst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zugegeben: „Es gibt eine derartige Kreativität beim Erfinden neuer und sehr komplizierter Finanzprodukte, dass wir nicht genau wissen, wo die Risiken sind.“

Sogar Banker sorgen sich. Andrew Crockett, Chef der US-Investmentbank JP Morgan, beklagt den Mangel an Transparenz bei Hedgefonds. Und Wilken von Hodenberg, der mit der Deutschen Beteiligungs AG einen Private-Equity-Fonds leitet, spricht von „Exzessen“ bei der Verschuldung. NICOLA LIEBERT