„Aufstand des Gewissens“

WIDERSTAND Stauffenbergs Hitler-Attentat jährt sich zum 70. Mal. Gedenken an einen Helden mit Makel

■ 42, leitet das Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung, davor leitete er deren Auslandsbüro in Litauen.

taz: Herr Klein, warum ist gerade dieses Attentat das Bekannteste zwischen zahlreichen Attentaten, die auf Hitler verübt wurden?

Andreas M. Klein: Es ist das Spektakulärste und auch das am nächsten am Erfolg dran Gewesene. Die Beteiligten dachten ja kurz, sie hätten tatsächlich Erfolg gehabt und Hitler sei beseitigt worden. Dadurch hat es eine Dynamik entwickelt, die bis heute nachhallt. Aber die Hollywood-Produktion mit Tom Cruise vor einigen Jahren spielt sicherlich auch eine Rolle.

Ist Stauffenberg ein Held?

Wir Deutschen haben ja generell Probleme mit Helden. In meinen Augen ist er eine Person, an der man sich aufrichten kann. Er und die Gruppe um ihn herum waren bereit, für eine gerechte Sache aufzustehen. Sie riskierten dabei ihr Leben, mit dem sie am Ende ja auch bezahlten. Für mich persönlich ist er also ein Held, obwohl er sich selbst wahrscheinlich nicht als solcher empfunden hat.

Obwohl er ein ranghoher Nazi war?

Das macht es natürlich schwierig. Einerseits haben er und die Gruppe um ihn herum das Regime jahrelang mitgetragen und Karriere gemacht. Aber letztlich hat sich ja gezeigt, dass diese ranghohen Militär-Mitglieder ein Gewissen hatten, das sie irgendwann nicht mehr überstrapazieren konnten. Man kann sich natürlich fragen, warum dieser Aufstand des Gewissens erst so spät kam, nämlich als der Krieg de facto schon verloren war. Aber letztendlich haben sie sich ja zum Widerstand durchgerungen.

Wird dem Widerstand im Nationalsozialismus heute, 70 Jahre später, angemessen gedacht?

Gerade zum 20. Juli finden ja immer Erinnerungsfeierlichkeiten statt. Für mich steht der 20. Juli stellvertretend für viele Aktionen des Widerstands, die nicht so spektakulär sind. Die großen Aktionen sind bekannt, aber es fand ja auch im Kleinen Widerstand statt. Zum Beispiel wenn man Juden versteckte oder Verfolgten bei der Flucht half.

Was dürfen sich BesucherInnen von der musikalischen Begleitung des Abends erhoffen?

Cem Çetinkaya wird Cello spielen. Ich habe das Cello als Instrument ausgewählt, weil es ein besonders melancholisches Instrument ist, mit dem man viel Gefühl ausdrücken kann. Ich glaube, dass es sehr gut die nachdenkliche Stimmung, die wir haben werden, ausdrücken und mit tragen kann.   INTERVIEW: KSCH

Vortrag „Aufstand des Gewissens – 70 Jahre 20. Juli 1944“: 19 Uhr, Mahnmal St. Nikolai, Eintritt frei