„Ausrufezeichen am Rand“

VORTRAG Die Arbeitnehmerkammer informiert über versteckte Formulierungen in Arbeitszeugnissen

■ 47, ist promovierte Juristin und arbeitet seit drei Jahren als Rechtsberaterin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen.

taz: Frau Graue, das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitszeugnis wohlwollend sein muss – was heißt das?

Bettina Graue: Es darf nicht negativ sein – auch nicht versteckt. Die Formulierung „er hat sich stets bemüht“ bedeutet laut Arbeitsgericht eine glatte sechs und ist nicht erlaubt. Allerdings finden wir diese Formulierung ohnehin nicht mehr häufig. Stattdessen finden wir Widersprüche in den Beurteilungen, Unterstreichungen, Ausrufezeichen am Rand, viele Rechtschreibfehler oder Auslassungen. Bei Verkäuferinnen haben wir beispielsweise oft fehlende Aussagen zum Thema Ehrlichkeit – das nennt sich „beredtes Schweigen“ – und geht natürlich auch nicht.

Wenn ein Zeugnis nur positiv beurteilt, was nützt es dann?

Ein Zeugnis darf trotzdem nicht unwahr sein. So kann ein überdimensioniertes Lob und das ständige Benutzen von Superlativen durchaus unglaubwürdig erscheinen bis hin zu der Vermutung, der Zeugnisempfänger könnte „weggelobt“ worden sein. In vielen Fällen ist das Annähern an eine sachliche Sprache besser.

Hängt ein gutes oder schlechtes Zeugnis auch vom Verhältnis zum Arbeitgeber ab?

Das kann man so nicht sagen, denn viele Arbeitgeber sind sich gar nicht bewusst darüber, ein fehlerhaftes Zeugnis geschrieben zu haben. Ich würde jedem Arbeitnehmer raten, sein Zeugnis prüfen zu lassen.  Interview: SCHN

18 Uhr, Arbeitnehmerkammer