Grandios gescheitert

ERNÜCHTERNDE LITERATUR Richard Yates Leben handelt wie seine Romane vom trostlosen Scheitern. Die Vers- und Kaderschmiede bringt „Elf Arten der Einsamkeit“ auf die Bühne

So ernüchternd realistisch und elegant wurde selten von der Trostlosigkeit erzählt

VON ROBERT MATTHIES

Es hätte eine klassische Erfolgsgeschichte der amerikanischen Literatur werden können. Es ist eine jener zahllosen Geschichten des Scheiterns und des einsamen Unglücks geworden, aus deren trostloser Alltäglichkeit er als Schriftsteller zeitlebens so furchteinflößend ungeschminkt berichtet hat.

Als Richard Yates 1961 mit „Revolutionary Road“ über ein immer weiter ins Unglück stürzendes Ehepaar als Romancier debütierte, war er gerade mal 35 Jahre alt und wurde, bis dahin als Journalist, Werbetexter und Ghostwriter unbekannt, plötzlich gefeiert. Beinahe hätte er für seinen schnörkellosen Realismus damals den National Book Award bekommen. Er veröffentlichte Kurzgeschichten und begann an der Columbia University und der Boston University schreiben zu lehren. Von da an ging es für Yates nur noch bergab. Als nur knapp zehn Jahre später sein zweiter Roman „A Special Providence“ erschien, war der New Yorker schon wieder in Vergessenheit geraten. Und als er 1992 einsam in Kalifornien an einem Lungenemphysem und Komplikationen bei einer Operation starb, wurde keines seiner Bücher, darunter immerhin sieben Romane, mehr gedruckt.

Bis sein Schriftsteller-Kollege Stewart O’Nan sieben Jahre später einen einflussreichen Essay über Yates im Boston Review veröffentlichte. Plötzlich war der leidenschaftliche Schreiber und Trinker – auch in Yates Romanen wird stets tüchtig ins Glas geschaut –, der zu Lebzeiten nie mehr als 12.000 Kopien seiner Bücher verkaufen konnte, für die literarische Welt wieder interessant. Seine Kurzgeschichten zu den besten der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts und „Revolutionary Road“ zu ihren Klassikern zu zählen, gehört knapp zwanzig Jahre nach seinem Tod wieder zum guten Ton. Ganz zu Recht: derart unmittelbar und ernüchternd realistisch, dicht und zugleich voller schlichter Eleganz wurde selten von der Trostlosigkeit des menschlichen Daseins erzählt. Und nun hat Yates sogar die Leinwand erobert: Der bisherige Höhepunkt seines posthumen Ruhms war dann vor knapp vier Jahren die Verfilmung von „Revolutionary Roads“ mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet: die düstere Antithese zu „Titanic“.

Montagabend bringt die Vers- und Kaderschmiede gemeinsam mit einer Kurzgeschichte von Gert Hoffmann Szenen aus Yates Kurzgeschichtensammlung „Elf Arten der Einsamkeit“ unter dem angemessenen Titel „In Würde scheitern“ im Polittbüro in einer szenischen Lesung auf die Bühne. Dabei tut man ironischerweise alles, um zumindest die Lesung zu einem Erfolg zu machen: Das die Feier des Scheiterns nicht scheitert, dafür garantieren hervorragende Schauspieler – unter anderem Fabian Hinrichs, Pheline Roggan und Denis Moschitto.

■ Mo, 28. 2., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45