Walles wichtigste Westeuropäer

OPEN AIR Mit einem „Fest der Masken“ beginnt Blaumeier die Feierlichkeiten zu seinem 25. Geburtstag. Aber auch die „stilleren“ Entwicklungen des Ateliers sind beachtlich

Das Fest der Masken findet am Samstag zwischen 18.30 und 22.20 Uhr in den Wallanlagen hinter der Kunsthalle statt. Einlass ist ab 18.15 Uhr, der Eingang befindet sich am Altenwall. Der Eintritt kostet 12 Euro, ermäßigt acht. Kinder von sechs bis 12 Jahren zahlen fünf Euro. Für stillere Stunden und Bedürfnisse empfiehlt sich die Lektüre des Buches „MenschOrte – Blaumeier schreibt“, das in der Hachmannedition erschienen ist.

Von HENNING BLEYL

Was lässt sich zu Blaumeiers 25. Geburtstag sagen, was nicht schon vor fünf Jahren geschrieben wurde? Zum Glück einiges. Wenn zwischen relativ eng beieinander liegenden zweistelligen Jubiläen noch viel im Fluss ist, ist das ein sicherer Beweis für die Vitalität einer Institution.

Nichtsdestoweniger ist der Jubiläumsauftakt retrospektiv: Die „Nacht der Masken“, die gestern Abend die Altmannhöhe hinter der Kunsthalle in ein Paradies der Poesie verwandeln sollte – was sicher auch gelang – und am heutigen Samstag ein zweites Mal zu sehen sein wird, erinnert nicht von ungefähr an die legendären „Freinächte“, die in dieser Form und unter diesem Titel künftig nicht mehr stattfinden. Dafür hat sich das Blaumeier-Atelier längst neue Orte erobert, an denen es die ihnen eigentümliche Mischung aus Aneignung und Verwandlung erprobt. Um nur zwei maximal unterschiedliche Plätze zu nennen: Das gute alte Licht- und Luftbad auf dem Stadtwerder, das „Dem Himmel so nah“ kam, und das russische Pskov. Dort unterstützt Blaumeier das Integrationsprojekt „Kroog“ (russisch: Kreis), ein von der Europäischen Union gefördertes Gemeinschaftsprojekt, das von den russischen Ministerien erstmals nicht als Sozial-, sondern als Kulturprojekt gefördert wurde. Mentalitätsgeschichtlich ist das eine historische Zäsur, für die Blaumeier ja auch in Deutschland steht.

Solche internationalen Projekte, zu denen auch die Kooperation mit Riga im Rahmen von „Von Häfen, Schiffen und viel Meer“ zählt, haben in den vergangenen fünf Jahren den Ruf des Blaumeier-Ateliers als eines der wichtigsten integrativen Theater Westeuropas gestärkt. Aber auch stillere, unauffälligere Dinge haben sich seit dem 20-Jährigen in den Waller Ateliergebäuden – ein auf viel Fleiß basierender Plural – weiterentwickelt: neben der analogen Fotografie auch die Schreibwerkstatt. Deren erste Buchveröffentlichung ist vergangenen November erschienen. Eine facettenreiche Sammlung aus Alltagsfragmenten, Versen und Aphorismen, zum Teil sprach-haptisch widerständig wie der Leinenbezug der Erstauflage oder glatt ins Ziel schießend wie Carl F.s „Selbstporträt“: „Mein Basecap verdreht / die Brille / ihr seht: / Das bin ich.“

Das „Fest der Masken“, bei dem wie zu besten Freinacht-Zeiten 300 MaskenspielerInnen mitwirken (50 von Blaumeier und 250 Gäste) steckt voller Reminiszenzen an große Blaumeier-Produktion wie „Fast Faust“ und „Jakobs Krönung“. Wer dabei sein will, sollte früh kommen: Höchstens 2.000 Menschen dürfen sich gleichzeitig auf dem durch die Kunsthallen-Baustelle verkleinerten Gelände aufhalten. Denn auch die Fan-Gemeinde ist in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich weiter gewachsen.