berry, jolie etc.
: Die Farben von Hollywood

Als im Sommer bekannt wurde, dass Angelina Jolie in „A Mighty Heart“ unter Michael Winterbottoms Regie Mariane Pearl verkörpern wird, meldeten sich in der Blogosphäre sogleich kritische Stimmen zu Wort. Pearl, die die gleichnamigen Sachbuchvorlage über ihren 2002 von pakistanischen Terroristen ermordeten Mann, den Journalisten Daniel Pearl, verfasst hat, ist nämlich afrokubanischer Abstammung. Und dass diese dunkelhäutige Frau von Jolie gespielt werden sollte, wurde zum Beispiel von blacklooks.org als Fortsetzung einer Einverleibung des „exotischen Anderen“ gewertet, die der weiße Hollywoodstar mit der Adoption zweier Kinder aus Kambodscha und Äthiopien begonnen habe.

Als Mitte Oktober USA Today das erste Foto druckte, das die Schauspielerin – offenbar dunkel geschminkt – bei den Dreharbeiten zeigte, wurde sogar der Vorwurf einer Neuauflage des „blackface“, der karikierenden Darstellung von Afroamerikanern durch schwarz geschminkte Weiße, laut. Allerdings traten auch Kommentatoren auf den Plan, die der Kritik an Jolie entgegen hielten, auf rassische Kategorien fixiert zu sein, die in der gesellschaftlichen Realität mittlerweile an Bedeutung verloren hätten.

Als Argument wurde Pearls eigene Selbstidentifikation angeführt. „Ich bin in Paris geboren, meine Mutter ist Kubanerin, mein Vater Holländer, ich bin Buddhistin“, so beschrieb sich die Journalistin in einem TV-Interview, um schließlich salopp zusammenzufassen: „all dieser exotische Kram“. Weil Jolie wiederum nicht einfach „weiß“, sondern mütterlicherseits indianischer Abstammung ist, sah der Blogger Jim Emerson ihr Casting gar als Indiz eines am Horizont aufscheinenden postrassischen, „braunen“ Amerikas.

Dass wahrnehmbare Ethnizität nicht bedeutungslos geworden ist, lässt sich freilich mit Verweis auf Hollywood belegen, in dessen Besetzungsbüros dunkelhäutige Darsteller wohl nach wie vor nur selten in Betracht kommen, sofern eine Rollenbeschreibung nicht ausdrücklich nach ihnen verlangt. So lautete denn auch ein Argument gegen Jolies Besetzung, dass sie dunkelhäutigen Schauspielerinnen eine der wenigen potenziellen Rollen weggeschnappt habe. Warum denn nicht Halle Berry für die Rolle Pearls ausgewählt worden sei, wurde im Internet mehrmals gefragt.

Die Schauspielerin, die Tochter eines Afroamerikaners und einer Weißen ist, wird indes eine andere bemerkenswerte Rolle übernehmen: In Doug Atchinsons „Class Act“, der Verfilmung einer authentischen Geschichte, soll Berry eine Frau spielen, die im realen Leben weiß ist. Diese Besetzungsentscheidung ist, wie das Branchenblatt Variety feststellte, „einzigartig für Hollywood“. HOLGER RÖMERS