„Rituale entwickeln“

ENTSPANNUNG Vortrag über den Umgang mit – und die Bekämpfung von – Schlafstörungen

■ Internist, leitet seit 1995 das Universitäre Schlafmedizinische Zentrum am Hamburger Diakonieklinikum.

taz: Herr Krüger, stimmt es, dass es 88 verschiedene Arten Schlafstörungen gibt?

Christian Krüger: Ja.

Welche sind am häufigsten?

Die Ein- und Durchschlafstörung sowie das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem man immer wieder Atemaussetzer hat. Der Körper unternimmt daraufhin „Wiederbelebungsversuche“ und weckt den Menschen. Dadurch steigen Blutdruck und Puls, und man kommt nicht zur Ruhe. Wenn das sechzigmal pro Stunde vorkommt, ist man am nächsten Morgen ziemlich müde.

Sind Schlafstörungen erblich?

Teils, teils. Ein- und Durchschlafstörung und Apnoe können durchaus in der Familie liegen.

Welches sind die nicht-erblichen Ursachen?

An erster Stelle stehen psychische Faktoren. Gleich dahinter rangieren Fehlwahrnehmungen des Schlafzustands. Das heißt, der Mensch wacht oft auf, registriert aber nicht, dass er dazwischen wieder schläft. Später glaubt er, er habe die ganze Nacht wach gelegen. Auch Schmerzen, Lärm oder Medikamente können den Schlaf stören.

Wie steht es mit der Anwesenheit anderer Menschen – könnten getrennte Schlafzimmer die Schlafstörungen von Millionen Lebenspartnern beheben?

Da streiten sich die Gelehrten. Ehepartner, die sich gut verstehen, brauchen die Nähe des anderen, um einzuschlafen – da kann der eine so viel schnarchen, wie er will. Wenn die Ehe aber in die Jahre kommt, tritt die Störung durch den Schnarchenden eventuell stärker in den Vordergrund. Dann wären getrennte Räume angebracht.

Was kann man unabhängig davon tun?

Wichtig ist ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus durch konstante Zubettgehzeiten. Auch sollte man vorher weder Alkohol noch Nikotin oder Koffein zu sich nehmen und acht Stunden vorm Schlafengehen keinen schweißtreibenden Sport treiben. Yoga, Qigong und Taiji sind erlaubt. Und man sollte ein schlafförderndes Ritual entwickeln, den Genuss eines abendlichen Glases Milch zum Beispiel.

Und wenn man dann doch wieder mitten in der Nacht aufwacht?

Wenn man länger als 20 Minuten wach ist, sollte man aufstehen, um sich klarzumachen, dass das Bett für den Schlaf da ist. Dann sollte man in ein Nebenzimmer gehen und harmlose Tätigkeiten verrichten, die einen aber nicht aktivieren.  INTERVIEW: PS

„Praktische Tipps bei Schlafstörungen“. Vortrag der Schlafforscherin Britta Tiburtius: 19 Uhr, Agaplesion Diakonieklinikum, Hohe Weide 17