Schröder und „Bild“ schützen Steinmeier

Ex-Kanzler verteidigt Einreisesperre gegen Kurnaz. Doch BND-Zeuge soll ausgesagt haben: Kein Sicherheitsrisiko

BERLIN taz ■ Frank-Walter Steinmeier hat noch einen Monat Zeit zur Vorbereitung. Am 8. März muss der Außenminister im BND-Untersuchungsausschuss erklären, warum in seiner Zeit als Leiter des Kanzleramts eine Einreisesperre gegen den Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz aus Bremen verhängt wurde.

Von seinem früheren Chef und SPD-Parteifreund Gerhard Schröder bekam der Minister jetzt Rückendeckung. Steinmeier habe „völlig korrekt gehandelt“, sagte der Exkanzler und übernahm in einem Bild-Interview die „politische Verantwortung“ für den Umgang der rot-grünen Regierung mit Kurnaz.

Schröders Schützenhilfe für Steinmeier kam an einem Tag, an dem die Regierungsmehrheit im Untersuchungsausschuss wieder einmal die Öffentlichkeit von der Aufklärungsarbeit ausschloss. Streng abgeriegelt, wurden die Mitarbeiter von BND und Verfassungsschutz befragt, die Kurnaz 2002 in Guantánamo vernahmen. Wie aus Dokumenten hervorgeht, stuften sie Kurnaz schon damals als harmlos ein. Warum trotzdem bis 2005 versucht wurde, seine Einreise zu verhindern, ist für die SPD schwer zu erklären. Zur Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit hieß es, die Identität der Geheimdienstler dürfe nicht bekannt werden, um ihre Sicherheit und weitere Verwendbarkeit zu gewährleisten. Den Vorschlag der Opposition, die Befragung mit elektronisch verzerrten Stimmen in einen Presseraum zu übertragen, lehnte die Koalition ab. Um die Bedeutung der BND-Leute herunterzuspielen, stellten SPD-Vertreter die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage. So sprach Ausschuss-Obmann Thomas Oppermann im taz-Interview von „Agentenspielchen“, die „unseriös“ gewesen seien. Das jedoch sieht die Opposition ganz anders. Der FDP-Politiker Max Stadler warf der SPD „Verunglimpfungen“ vor und bezeichnete die BND-Leute als „hochqualifizierte Mitarbeiter“.

In der Sitzung, die am Abend noch andauerte, hat sich an der Einschätzung der Opposition zunächst nichts geändert. Wie der taz aus Teilnehmerkreisen berichtet wurde, machte der zuerst befragte Geheimdienstler „nicht den Eindruck eines ausgeflippten Agenten, sondern eines seriösen und glaubwürdigen Fachmanns“. Es gebe nach seiner Aussage „keinen Grund, die bisherigen Einschätzungen und Bewertungen der Situation im Herbst 2002 zu korrigieren. Dazu gehört, dass Kurnaz zu diesem Zeitpunkt nicht als Sicherheitsrisiko eingestuft wurde.“

Exkanzler Schröder verwies dagegen darauf, dass Kurnaz kurz nach dem 11. September 2001 offenbar Kontakt zu Islamisten in Pakistan gesucht habe. „Dass er angesichts dessen von den Sicherheitsbehörden für ein Sicherheitsrisiko gehalten wurde, ist für jeden nachvollziehbar“, behauptete Schröder in der Bild-Zeitung, dem neuen Verlautbarungsorgan für führende SPD-Politiker aus der rot-grünen Ära. Vor Schröder hatten sich in dem Springer-Blatt bereits Otto Schily und Steinmeier selbst geäußert. Am Donnerstag schrieb Bild, „Wie der Türke Kurnaz zum radikalen Moslem wurde“. Dass alle Ermittlungen gegen Kurnaz längst eingestellt wurden, verschwieg das Blatt geflissentlich.

Ob’s Steinmeier hilft? In der Politiker-Beliebtheitsskala fiel er auf Platz drei zurück – hinter Angela Merkel und Wolfgang Schäuble. Ein Alarmsignal für den Sozialdemokraten, denn Platz eins war bisher traditionell für Außenminister reserviert. Bis gestern. LUKAS WALLRAFF