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: Beckham als Zwischenmieter?

Kaum hat sich der Lümmel Ballack nach London verdrückt, winkt den Bayern auch schon ein grundsolider 10. Platz

Okay, die Konkurrenz ist nicht ohne: L. A. Galaxy will David Beckham, stand unlängst im kicker. Der Klub, den Klinsmann einst beriet, lockt den zum Schnäppchentarif erhältlichen Real-Reservisten mit reichlich Dollars, einem Stadion nur zehn Minuten vom kalifornischen Traumstrand, prima Beverly-Hills-Shopping für die liebe Gattin sowie mit Anonymität. Wer vor zwei Jahren im Galaxy-Fanshop nach Jürgen Klinsmann fragte, erntete nur Stirnrunzeln: „Jurgen Who?“ Es wird also nicht ganz einfach sein, den für Hollywood geradezu prädestinierten Flankengott an den eher beschaulichen Isarstrand zu locken. Andererseits: Was soll der FC Bayern denn sonst machen? Mit der derzeitigen Belegschaft in der derzeitigen Form ist nicht mehr drin als Platz fünf. Bayern im Uefa-Cup gegen Maccabi Haifa oder den SV Zulte-Waregem?

Der FCB steckt in der Krise, und zwar mit beiden Beinen, manche sagen sogar: bis zum Hals. Null zu eins zu Hause gegen den biederen Tabellenletzten Hannover, vier Niederlagen nach elf Spielen, Platz fünf: Schlimmer ist der FC Bayern zuletzt 1974 in die Saison gestartet. Erstmals seit 21 Jahren hatte der FC Bayern vor eigenem Publikum gegen einen Tabellenletzten verloren. Erstmals nach 22 Ligaspielen war die Allianz Arena nicht ausverkauft. Das Publikum reagiert auf die seit Monaten gebotene Magerkost mit Liebesentzug: pfiff zur Pause, nach der Pause, bis zum Schluss und nach dem Schluss. Nun ist die ja nicht zu Unrecht als Opernpublikum verschriene Anhängerschaft der Roten nicht gerade dafür bekannt, ihre Elf in Zeiten der Not lautstark nach vorne zu peitschen – schlichtweg, weil es diese Zeiten beim FC Bayern eigentlich nie gibt. Jetzt aber schon.

Na gut, gegen Hannover fehlte mit Lucio, Podolski, Ismael, Deisler, Görlitz und Sagnol eine halbe Nationalmannschaft, zudem waren Lahm, Makaay und Pizarro grippegeschwächt. Dennoch: Erschütternd ist das Statement des Trainers nach dem Spiel: „Wir tun uns schwer gegen gutorganisierte Mannschaften, da haben wir nicht genügend spielerische Möglichkeiten.“ Wohl wahr. Die Zeiten, in denen der deutsche Meister seit Saisonbeginn ansehnlichen Fußball zeigte, sind schnell aufgezählt: die erste Halbzeit gegen Hertha, die zweite Halbzeit gegen Moskau, die Partie in Mailand, ein paar Minuten gegen Schalke – das war’s auch schon. Bisschen wenig nach 17 Pflichtspielen.

Nach dem Ballack-Weggang hatten Magath, Hoeneß und Rummenigge selten einmütig auf das Können der verbliebenen Mittelfeld-Solisten gezählt – und wurden enttäuscht. Schweinsteiger: sehr wechselhaft, irgendwie auch überspielt. Hargreaves: zuerst blendend, dann verletzt. Scholl: Mehr als 20 Minuten sind wohl nicht mehr drin. Karimi: die fleischgewordene Verunsicherung. Salihamidzic: nur noch ein Schatten früherer Tage. Demichels: immer noch frustriert nach seiner Nicht-WM. Julio dos Santos: Wer war das noch mal? Deisler: trickst seit Wochen die Kollegen im Training reihenweise aus, traut sich aber die Bundesliga noch nicht zu. Görlitz: hat immerhin schon siebenmal im Regionalliga-Team gespielt. Einzig Andreas Ottl sammelte Pluspunkte. So überraschte die Verpflichtung Mark van Bommels während der Saison nicht, und allmählich schwingt sich der Holländer auch zu so etwas wie einer Chefrolle auf und neben dem Platz auf, ebenso wie Zugang Daniel van Buyten, der deutliche Worte zum bescheidenen Zustand des Teams fand.

Allein: Eine neue Hierarchie, einen Kopf oder gar mannschaftliche Geschlossenheit besitzt das System Magath deswegen noch lange nicht. Wie sieht Magaths Plan überhaupt aus? Drei Spitzen, zwei Spitzen? Doppelsechs, flache Raute? Man weiß es nicht. Weiß er es? Er spricht zwar, sagt aber nicht viel. Eine Krise sehe er nicht, befindet vielmehr: „Wir sind in keiner guten Phase.“ Im ungünstigsten Fall rutscht der Meister an diesem Wochenende auf Platz zehn.

Aber vielleicht kann Ballack ja den Kollegen Beckham als Zwischenmieter für sein Haus am Starnberger See gewinnen. Die Telefonnummer werden sie ja wohl noch haben beim FCB.

THOMAS BECKER