sonntag in bremen
: „Die Räte waren zu unerfahren“

Gedenken am Waller Friedhof: Vor 98 Jahren wurde die Bremer Räterepublik zerschossen

taz: Herr Gaebelein, die Bremer CDU will mehr Lokal-Geschichte in Bremer Schulbüchern. Wäre das nicht eine Chance für die hiesige Räterepublik?

Raimund Gabelein, Landesvorsitzender VVN – BdA: Es ist richtig, dass die Bremer Räterepublik in den Geschichtsbüchern höchstens als Fußnote vorkommt. Ich hätte nichts dagegen, wenn das mehr wäre. Aber ich glaube, das ist nicht die Intention des CDU-Antrags.

Diesmal sprechen keine SPDler zum Jahrestag. Ist die Partei Friedrich Eberts beim Gedenken wieder unerwünscht?

Nein. Im Vorwahlkampf wollten wir nur niemanden, der direkt in einem Parteiapparat verankert ist. Aber die Zielrichtung der Veranstaltung bleibt, Brücken zuschlagen zwischen den sozialen Parteien, den Generationen – und hin zur Zukunft.

Was ließ die Räte scheitern?

Sie wurden am 4. Februar 1919 unter Artilleriebeschuss genommen. Das hat sie zerstört. Handelskammer-Präses Ludwig Roselius war nach Berlin gereist, hatte um militärische Unterstützung gebeten – und der von Friedrich Ebert geführte Rat der Volksbeauftragten hat sie zusammen mit Reichswehr und Freikorps gewährt…

Aber hatten die Räte keine Fehler gemacht?

Doch, sicher. Die waren zu unerfahren, wussten nicht, wie man das macht: eine grundlegende soziale Veränderung. Sie sind davor zurückgeschreckt, die Banken zu besetzen und die Zeitungen zu zensieren.

Das hätten sie tun sollen?

Ja, in einem Ausnahmezustand, unter Belagerung muss man sich fragen: Welche Nachrichten hält man zurück. Interview: bes

So., Waller Friedhof, 11 Uhr